Gefährdungsbeurteilung: Von den Pflichten bis zur Durchführung
Die Gefährdungsbeurteilung umfasst die Ermittlung und Bewertung von Gefahren für Arbeitnehmer. Sie dient als Basis für die individuellen Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz. Diese sind nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) für jeden Arbeitgeber verpflichtend. Wir bringen auf den Punkt was Arbeitgeber wissen müssen.

Das Wichtigste in Kürze
- Arbeitgeber müssen die Gefährdungsbeurteilung machen – gesetzlich vorgeschrieben (§ 5 Arbeitsschutzgesetz)
- Sie schützt alle Beschäftigten, vom Azubi bis zur Führungskraft
Gefährdungsbeurteilung für den Arbeitsplatz einfach erklärt
Die Gefährdungsbeurteilung ist wie ein Sicherheits-Check für den Arbeitsplatz. Man schaut sich genau an, was gefährlich sein könnte, zum Beispiel Maschinen, Lärm, Stress oder falsche Arbeitsabläufe und sorgt dann dafür, dass niemand zu Schaden kommt.
Die drei Ziele der Gefährdungsbeurteilung:
- Gefährdungen erkennen (z. B. Stolperfallen, Lärm, psychische Belastung)
- Risiken bewerten (Wie wahrscheinlich ist ein Unfall? Wie schwer wären die Folgen?)
- Maßnahmen treffen, um die Gefährdung zu verringern oder zu beseitigen (z. B. bessere Beleuchtung, Sicherheitsschuhe, Pausenregelungen)
Warum spricht man in der Gefährdungsbeurteilung von „Gefährdung“ und nicht von einer Gefahr?
Weil es darum geht, nicht nur Gefahren zu benennen, sondern zu prüfen, ob und wie stark Menschen davon betroffen sein könnten. Heißt also: Nicht jede Gefahr führt automatisch zur Gefährdung, aber jede Gefährdung entsteht durch eine (potenzielle) Gefahr.
Begriff | Definition | Beispiel | ||
---|---|---|---|---|
Gefahr | Eine Quelle oder Situation mit potenziell schädlicher Wirkung auf Gesundheit, Sicherheit oder Leben. | Eine laufende Kreissäge, eine heiße Herdplatte, ein giftiger Stoff. | ||
Gefährdung | Die Möglichkeit, dass eine Person mit einer Gefahr in Kontakt kommt und dadurch verletzt oder geschädigt wird. | Eine ungeübte Person arbeitet ohne Schutz an der Kreissäge. |
Welche Arten der Gefährdungsbeurteilung gibt es?
Gefährdungsbeurteilungen können sich auf ganz unterschiedliche Bereiche beziehen – je nachdem, welche Art von Tätigkeit ausgeübt wird und welchen Risiken Beschäftigte dabei ausgesetzt sind. Hier sind die wichtigsten Arten aufgeführt:
1. Psychische Gefährdungen
Hier wird geprüft, ob und in welchem Ausmaß psychische Belastungen am Arbeitsplatz die Gesundheit beeinträchtigen können. Dazu gehören zum Beispiel:
- Dauerhafter Stress durch Zeitdruck oder Überforderung
- Mangelnde Pausen oder ständige Erreichbarkeit
- Konflikte im Team oder unklare Verantwortlichkeiten
Ziel ist es, frühzeitig Maßnahmen zu treffen, um psychische Erkrankungen wie Erschöpfung, Burnout oder Depression zu verhindern.
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2. Physikalische, chemische und biologische Gefährdungen
Diese Beurteilung beschäftigt sich mit Stoffen und Einflüssen, die direkt auf den Körper einwirken können:
Physikalisch: Lärm, Hitze, Kälte, Vibrationen Chemisch: Reinigungsmittel, Lösungsmittel, Gase Biologisch: Viren, Bakterien oder Schimmel (z. B. in Pflegeberufen oder Laboren)
Hier ist besonders auf den richtigen Umgang, die Lagerung und die Schutzausrüstung zu achten.
3. Mechanische Gefährdungen
Mechanische Gefährdungen entstehen vor allem im Umgang mit Maschinen, Werkzeugen oder beweglichen Teilen. Risiken sind beispielsweise:
- Einklemmungen, Quetschungen oder Schnittverletzungen
- Stolperfallen oder herabfallende Gegenstände
Wichtig sind hier Schutzvorrichtungen, klare Arbeitsanweisungen und regelmäßige Wartung der Geräte.
4. Gefährdungen durch Strahlung
Hier wird bewertet, ob Beschäftigte ionisierender oder nicht-ionisierender Strahlung ausgesetzt sind:
- Röntgenstrahlen (z. B. in der Radiologie)
- UV-Strahlung bei Schweißarbeiten
- Lasergeräte oder elektromagnetische Felder
Geeignete Schutzmaßnahmen und Schulungen sind hier gesetzlich vorgeschrieben.
5. Gefährdungen durch Arbeitsstoffe
Arbeitsstoffe können in manchen Fällen reizend, ätzend, giftig oder entzündlich sein. Beispiele sind:
- Lacke, Farben, Reinigungsmittel
- Öle, Lösungsmittel oder Klebstoffe
Hier müssen Sicherheitsdatenblätter beachtet, persönliche Schutzausrüstung getragen und sichere Lagerungsbedingungen gewährleistet werden.
6. Gefährdungsbeurteilung für Büroarbeitsplätze
Auch in Büros gibt es Gefährdungen – wenn auch andere als auf Baustellen oder in der Produktion. Die Beurteilung konzentriert sich hierbei voe allem auf:
- Ergonomie: Ist der Stuhl rückenschonend? Ist der Bildschirm richtig eingestellt?
- Beleuchtung und Raumklima
- Psychische Belastungen durch Monotonie oder fehlende Abwechslung
Ziel ist ein gesunder, angenehmer und produktiver Arbeitsplatz.
7. Gefährdungsbeurteilung für schwangere Beschäftigte
Nach dem Mutterschutzgesetz (§ 10 MuSchG) muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass Schwangere ohne Gefährdung ihrer Gesundheit weiterarbeiten können. Geprüft wird unter anderem:
- Besteht Kontakt zu schädlichen Stoffen oder Infektionen?
- Muss schwer gehoben oder auf Leitern gearbeitet werden?
- Gibt es lange Stehzeiten oder Nachtarbeit?
Tätigkeiten mit erhöhtem Risiko müssen angepasst oder ausgeschlossen werden , mit dem Ziel, Mutter und Kind zu schützen.
8. Besondere Gefährdungen (Beispiel Corona-Pandemie)
Während der Corona-Pandemie war es notwendig, die Gefährdungsbeurteilung um Infektionsschutzmaßnahmen zu erweitern. Der Arbeitgeber musste z. B. dafür sorgen, dass:
- Abstände eingehalten werden können
- Schutzmasken oder Desinfektionsmittel bereitstehen
- Lüftungskonzepte oder Homeoffice-Regelungen umgesetzt werden
Solche Maßnahmen helfen, Infektionsrisiken am Arbeitsplatz zu senken.
Wie baue ich eine Gefährdungsbeurteilung auf?
Umfang und Inhalt sind individuell von den jeweiligen betrieblichen Arbeitsbedingungen zu definieren. Dabei muss die Gewährleistung der Mitarbeitergesundheit immer im Fokus stehen. Die Beurteilung enthält zunächst alle eventuellen Gefährdungen, denen ein Mitarbeiter ausgesetzt ist. Der Arbeitgeber ermittelt anschließend, wie wahrscheinlich Schäden infolge der einzelnen Bedingungen sind. Darufhin legt der Arbeitgeber bestimmte Maßnahmen fest, um Schäden zu verhindern.
7 Schritte zur Gefährdungsbeurteilung
- Erfassen von Arbeitsbereichen und Tätigkeiten
- Ermittlung von Gefährdungen
- Beurteilung der Gefährdungen
- Festlegen von Schutzmaßnahmen
- Durchführung der Maßnahmen
- Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen
- Dokumentieren und Fortschreiben

Bild: In 7 Schritten zur Gefährdungsbeurteilung
Warum die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung allein nicht ausreicht
Gemäß § 5 Abs. ArbSchG ist grundsätzlich jeder Arbeitgeber dazu verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen. Oft ist zudem eine Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung in bestimmten Zeitabständen vorgeschrieben.
Die Aktualisierung ist in drei Fällen zwingend notwendig:
- Nach Arbeitsunfällen oder arbeitsbedingten Gesundheitsbeeinträchtigungen.
- Bei der Einrichtung neuer Arbeitsplätze und bei maßgeblichen Veränderungen im Betrieb.
- Zu Letzterem zählen etwa die Neubeschaffung von Maschinen oder geänderte Produktionsmethoden.
Wichtig: Zeitpunkt der Gefährdungsbeurteilung
Die Gefährdungsbeurteilung muss bereits vor Beginn der Tätigkeit eines Beschäftigten durchgeführt werden. So wird sichergestellt, dass der Arbeitsplatz von Anfang an sicher gestaltet ist und keine unnötigen Risiken für die Beschäftigten bestehen. Auch bei Änderungen wie etwa neuer Technik, geänderten Arbeitsabläufen oder neuen Arbeitsplätzen, muss die Beurteilung aktualisiert werden.
Mitbestimmung des Betriebsrats
Der Betriebsrat hat bei der Gefährdungsbeurteilung ein Mitbestimmungsrecht. Das bedeutet:
- Er muss bei der Gestaltung, Durchführung und Auswertung der Gefährdungsbeurteilung einbezogen werden.
- Auch bei der Auswahl und Umsetzung von Schutzmaßnahmen sowie bei der Überprüfung ihrer Wirksamkeit wirkt der Betriebsrat mit.
Diese Beteiligung hilft, die Perspektive der Beschäftigten frühzeitig einzubringen und praktikable Lösungen zu finden.
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