Ist die 4 Tage Arbeitswoche in Deutschland angekommen?

Georg Salzmann

Georg Salzmann

1. September 2023 • 5 Minuten Lesezeit

Die Diskussion um die 4 Tage Arbeitswoche in Deutschland hat 2025 einen neuen Höhepunkt erreicht. Immer mehr Unternehmen testen Pilotprojekte, Gewerkschaften fordern kürzere Arbeitszeiten, und Politik und Wirtschaft ringen um die Frage: Kann die 4 Tage Woche in Deutschland zum Standard werden?


4 Tage Woche

Was ist die 4-Tage-Woche?

Die Idee der 4-Tage-Woche ist einfach: Anstatt fünf Tage pro Woche zu arbeiten, reduzieren Mitarbeitende ihre Arbeitszeit auf vier Tage, bei gleichbleibendem Gehalt. Dies kann bedeuten, dass die tägliche Arbeitszeit verlängert wird oder Überstunden vermieden werden. Das Ziel ist es, den Mitarbeitenden mehr Freizeit zu ermöglichen und ihre Work-Life-Balance zu verbessern.

Pilotprojekt 4 Tage Woche: Eine aktuelle Studie

Im Rahmen des bislang größten deutschen Pilotprojekts zur 4-Tage-Woche in Deutschland wurden ab Anfang 2024 insgesamt 45 Unternehmen aus verschiedenen Branchen für eine sechsmonatige wissenschaftliche Erprobung ausgewählt. Träger waren die NGO 4 Day Week Global, die Beratungsagentur Intraprenör sowie die Universität Münster, die für die wissenschaftliche Begleitung verantwortlich zeichnete. Zwei große Organisationen beendeten das Projekt vorzeitig, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen interner Widerstände. Alle Erkenntnisse im Überblick:

Unterschiedliche Modelle zur Umsetzung

  • 34 % reduzierten Arbeitszeit um 20 %
  • 20 % reduzierten um 11–19 %
  • 85 % gewährten einen fixen freien Tag, 15 % setzten auf flexible Lösungen

Gründe für die Einführung

  • Attraktivität als Arbeitgeber (89 %)
  • Gesundheit der Mitarbeitenden (77 %)
  • Produktivität steigern (57 %)
  • Zukunftsorientierung (37 %)

Produktivität & Mitarbeitendenzufriedenheit

  • Trotz reduzierter Arbeitszeit blieben die Leistungskennzahlen stabil, was auf klare Produktivitätsgewinne hinweist.
  • Geschäftsführungen und Mitarbeitende bestätigten diese Einschätzung in Befragungen.
  • Die Zufriedenheit der Mitarbeitenden stieg, insbesondere in Bezug auf Work-Life-Balance.
  • Unternehmen berichteten von Vorteilen bei Gewinnung und Bindung von Fachkräften.
  • Allerdings: keine eindeutigen Hinweise auf eine langfristig bessere Mitarbeitendenbindung oder geringere Kündigungsabsichten.

Gesundheit & Work-Life-Balance

  • 4-Tage-Woche-Teilnehmende waren körperlich aktiver (+1.848 Schritte, +24 Aktivitätsminuten pro Woche).
  • Sie schliefen länger (+38 Minuten pro Woche) und berichteten von besserer psychischer und physischer Gesundheit.
  • Fitness-Tracker belegten eine Reduktion von Stress (−89 Minuten pro Woche).
  • Mitarbeitende nutzten die zusätzliche freie Zeit vor allem für Familie, Freunde und Selbstfürsorge.
  • Kein signifikanter Rückgang krankheitsbedingter Abwesenheiten, auch wenn subjektiv weniger Fehlzeiten wahrgenommen wurden. Mögliche Unterschiede könnten saisonal bedingt sein.

Akzeptanz & Fortführung

  • 73 % der Organisationen wollen die 4 Tage Arbeitswoche fortführen.
  • 83 % der Mitarbeitenden sprachen sich für eine dauerhafte Beibehaltung aus.
  • 20 % der Unternehmen lehnten eine Weiterführung ab, 7 % waren noch unentschlossen.

Effizienzmaßnahmen für die 4 Tages Arbeitswoche

Ein zentrales Ergebnis des Pilotprojekts zur 4 Tage Arbeitswoche in Deutschland ist, dass die Verkürzung der Arbeitszeit nur dann funktioniert, wenn Unternehmen und Mitarbeitende ihre Arbeitsweise anpassen. 2025 zeigt sich deutlich: Die 4 Tage Woche ist kein „einfacher freier Tag“, sondern erfordert neue Strukturen und bewusstes Zeitmanagement. Um die gleiche Produktivität in weniger Zeit zu erreichen, setzten die teilnehmenden Organisationen auf folgende Maßnahmen:

  • Ablenkungen reduzieren (65 %): Mitarbeitende schafften störende Faktoren ab, zum Beispiel durch klare Regeln zur Erreichbarkeit.
  • Prozesse optimieren (63 %): Arbeitsabläufe wurden gestrafft, redundante Aufgaben eliminiert.
  • Meetings anpassen (52 %): Besprechungen wurden kürzer, seltener und stärker auf Ergebnisse fokussiert.
  • Fokuszeiten einführen (32 %): Ununterbrochene Arbeitsblöcke für konzentriertes Arbeiten steigerten die Effizienz.
  • Digitale Tools nutzen (25 %): Kollaborationstools, Automatisierungen und Projektmanagement-Software halfen, Routineaufgaben zu beschleunigen.

Vier Tage Woche: Machen, oder lieber nicht?

Lina von Talentwunder und Natalie von JobAdPartner sprechen in unserem Expertenpodcast "von HR für HR" über das Für und Wider der 4 Tage Arbeitswoche. Jetzt reinhören!

Vier Tage Woche: Machen, oder lieber nicht?

Die Vorteile der 4-Tage-Woche

Bessere Work-Life-Balance

Eine verkürzte Arbeitswoche ermöglicht es den Mitarbeitenden, mehr Zeit für Familie, Freunde und persönliche Interessen zu haben.

Steigerung der Produktivität

Einige Studien zeigen, dass Mitarbeitende in der verkürzten Arbeitszeit oft produktiver sind, da sie sich stärker auf ihre Aufgaben konzentrieren.

Gesundheitliche Vorteile

Die Reduzierung von Stress und Überarbeitung kann sich positiv auf die körperliche und geistige Gesundheit der Mitarbeitenden auswirken. Gerade in der "Epidemie der psychischen Krankheiten" spielt dies eine besonders große Rolle.

Attraktiv für Talente

Unternehmen, die die 4-Tage-Woche anbieten, können sich als attraktive Arbeitgebende positionieren und talentierte Fachkräfte anziehen.

Die Herausforderungen der 4-Tage-Woche

Anpassung des Arbeitspensums

In einigen Fällen müssen Mitarbeitende in vier Tagen das gleiche Arbeitspensum bewältigen wie zuvor in fünf Tagen, was eine noch effizientere Arbeitsweise erfordert.

Kunden- und Kundenservice

Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Kunden und der Kundenservice nicht unter der verkürzten Arbeitszeit leiden.

Führung und Management

Die Einführung der 4-Tage-Woche erfordert eine sorgfältige Planung und ein effektives Management, um sicherzustellen, dass die Arbeitsprozesse reibungslos ablaufen.

Branchenabhänigkeit

Die Möglichkeit einer 4-Tage-Woche kann je nach Branche und Art der Arbeit variieren. In einigen Sektoren ist sie leichter umsetzbar - in anderen vielleicht gar nicht.

Wie viel Urlaubsanspruch besteht bei der 4-Tage-Woche?

Die Anzahl der rechtlich zustehenden Urlaubstage hängt von der Anzahl der wöchentlichen Urlaubstage ab. Somit ändert sich bei der 4-Tage-Woche auch der Anspruch der Urlaubstage.

Berechnet wird dies wie folgt: Bei 24 Urlaubstagen / 6-Tage-Woche * 4 Arbeitstagen beträgt der gesetzliche Urlaubsanspruch 14 Tage.

Kennen Sie schon diese Alternative?

Passend hierzu gewinnt der sogenannte 5-Stunden-Arbeitstag ebenfalls an Popularität. Der 5-Stunden-Arbeitstag ist ein Arbeitszeitmodell, bei dem die Arbeitszeit auf fünf Stunden pro Tag begrenzt wird, anstatt der üblichen acht Stunden. Dieses Modell basiert auf der Idee, dass Mitarbeitende in kürzerer Zeit genauso produktiv sein können, wenn nicht sogar produktiver, als in einem herkömmlichen achtstündigen Arbeitstag.

Unser Fazit

Unternehmen sollten die 4-Tage-Woche sorgfältig prüfen und die Auswirkungen auf ihre Branche, Mitarbeitenden und Unternehmensziele berücksichtigen. Letztendlich kann die Umstellung auf eine verkürzte Arbeitswoche eine Win-Win-Situation für Arbeitgebende und Mitarbeitende schaffen.

Die Pilotstudie verdeutlicht: Zwar sind die Effekte auf Bindung und Krankenstand weniger eindeutig, doch Produktivität, Gesundheit und Arbeitgeberattraktivität zeigen klare Vorteile. Es ist absehbar, dass immer mehr Unternehmen die 4 Tage Woche zumindest testweise einführen werden – unterstützt durch positive Erfahrungen aus dem Pilotprojekt und den Wunsch von über 80 % der Mitarbeitenden, dauerhaft bei der verkürzten Arbeitszeit zu bleiben.

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