Vier Tage Woche: Machen, oder lieber nicht?
In dieser Folge “von HR für HR” unterhalten sich Lina (Chief of Staff bei Talentwunder) und Natalie (Office Management bei JobAdPartner) darüber, wie sie zu der 4-Tage-Woche stehen, welche Herausforderungen sie sehen und wo sie bei der Umsetzung anfangen würden.
Das Wichtigste in Kürze
- Geschäftsführung fürchten um die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens.
- Krankenhaus Bielefeld geht mit starkem Pilotprojekt voraus und ermöglicht den Pflegekräften eine 4-Tage-Woche.
- Ein Modell kann sein, bei reduzierten Stunden die Öffnungszeiten zu erweitern. Damit steigt die Wirtschaftlichkeit.
Herausforderungen der 4-Tage-Woche
In der Diskussion um die 4-Tage-Woche geht es meistens um folgende Varianten:
- Vier statt fünf Arbeitstage pro Woche bei anteilig reduziertem Gehalt und entsprechend reduziertem Verantwortungsbereich.
- Vier statt fünf Arbeitstage pro Woche bei gleichem Gehalt und gleichem Verantwortungsbereich.
Und gerade mit Blick auf das letztere Modell stellt sich die Frage, ob Mitarbeitende einem gleichbleibenden Verantwortungsbereich unter der Voraussetzung von weniger Arbeitsstunden trotzdem gerecht werden können.
Da schließt sich aus der Perspektive der Geschäftsführung schnell auch die Befürchtung um die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens an. Können Projekte weiterhin so angenommen und ausgeführt werden wie bisher? Können Kunden uns nach wie vor problemlos erreichen? Geben wir unseren Konkurrenzunternehmen im Markt ungewollt einen Wettbewerbsvorteil?
Eine weitere Herausforderung, die mit einer 4-Tage-Woche auf die Geschäftsführung zukommt, ist der organisatorische Mehraufwand, der koordiniert werden muss. Welche Tage sollten weiterhin voll besetzt sein und wie lassen sich gegebenenfalls Abteilungen aufteilen, damit weiterhin alle Tage besetzt sind?
Außerdem muss so eine Umstellung auch vertraglich sauber geregelt werden. Nicht zuletzt für Faktoren wie Urlaubstage und -Anspruch möchte eine Lösung gefunden werden, die für alle Beschäftigten im Unternehmen inklusive der Geschäftsführung funktioniert.
Zwei Beispiele für die 4-Tage-Woche aus der Praxis
Krankenhaus Bielefeld führt 4-Tage-Woche ein Das Krankenhaus in Bielefeld hat für den Bereich der Pflege seit Juli 2023 als eine der ersten Kliniken im Gesundheitswesen eine 4-Tage-Woche eingeführt. Ein Faktor, der dabei eine wichtige Rolle gespielt hat: Den Berufszweig unter dem aktuellen Fachkräftemangel wieder attraktiver zu machen.
So sagt der Geschäftsführer Michael Ackermann: “Eines unserer Ziele ist es, mit innovativen, flexiblen Dienstmodellen neue Mitarbeitende zu gewinnen, um die Belegschaft der Stationen weiter zu stärken.”
Die Rahmenbedingungen sehen hier folgendermaßen aus:
- Vollzeitkräften können ihre Arbeitszeit pro Schicht auf neun Stunden erhöhen,
- reduzieren dadurch auf vier Tage pro Woche,
- und behalten dasselbe Gehalt.
Die Folge: Höhere Mitarbeiterpräsenz und bessere Übergabezeiten. Deswegen wurde das Projekt im Dezember 2023 auch auf weitere Stationen ausgeweitet und in den Normalbetrieb übernommen.
Persönliches Fallbeispiel von unserer Gesprächspartnerin Natalie Vor ihrer aktuellen Rolle war Natalie 17 Jahre lang inhabende Geschäftsführerin eines Friseursalons mit durchschnittlich 15 Mitarbeitenden. Und in dem Zusammenhang hat Natalie schon vor über zehn Jahren statt der 40-Stunden auf eine 37-Stunden-Woche gesetzt.
In der Umsetzung sah das so aus, dass sie mit erweiterten Öffnungszeiten gearbeitet hat, also trotz reduzierten Arbeitszeiten für Kunden sogar noch mehr Flexibilität anbieten konnte. Dem Modell zugute kam, dass der Markt zu der Zeit viele Fachkräfte hergegeben hat.
Im Resultat konnte durch dieses Modell sogar eine höhere Wirtschaftlichkeit erzielt werden, unter anderem durch die stärkere Auslastung der Räumlichkeiten. Und natürlich haben alle Mitarbeitenden dieses Modell dankend angenommen.
Von HR für HR: Ganze Folge zur Vier Tage Woche
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Von HR für HR: 5 Tipps zur Umsetzung einer 4-Tage-Woche
Richtig umgesetzt kann die 4-Tage-Woche zahlreiche Vorteile für Unternehmen mit sich bringen. Zum Beispiel zeigen Pilotprojekte, dass Mitarbeitende konzentrierter arbeiten, weil sie erholter sind und ihre Arbeitszeit effizienter nutzen können. Gleichzeitig sinken die Fehltage.
Unternehmen können außerdem damit rechnen, dass dieses Arbeitsmodell in einem höheren Zulauf an Talenten resultiert, was wiederum einen Wettbewerbsvorteil mit sich bringt. Gerade mit Blick auf offene Azubi-Stellen oder der Pflege besteht hier hohes Potenzial, wie das oben genannte Beispiel aus Bielefeld zeigt. Stichwort Employer Branding.
Was nach wie vor schwierig zu antizipieren ist, sind die möglichen Auswirkungen im globalen Wettbewerb. Zum Beispiel stehen DAX-Unternehmen natürlich unter einem anderen Druck internationalen Standards gegenzuhalten und wettbewerbsfähig zu bleiben, als es für kleine und mittelständische Unternehmen der Fall ist.
Deswegen macht es vor allem in diesem Bereich Sinn, erste Schritte zu gehen und Erfahrungswerte zu sammeln, um dieses neue Modell nachhaltig und erfolgsbringend aufzubauen.
Unsere drei Tipps für ein erstes Pilotprojekt mit einer 4-Tage-Woche:
- Kernzeiten und Tage identifizieren. Welche Tage der Woche sind essentiell für das Tagesgeschäft? Wie können Stunden gelegt und Kernzeiten gegebenenfalls angepasst werden?
- Personalplanung. Welche Mitarbeitenden sollten an welchen Tagen anwesend sein? Kann es Sinn machen, Teams aufzuteilen, damit im Resultat die ganze Woche jemand von jeder Abteilung da ist? Wie lassen sich trotzdem noch gemeinsame Tage im Büro realisieren?
- Testläufe machen. Steht ein erstes Gerüst für die Umsetzung, ist es Zeit für die ersten Testläufe. Nach einem, zwei und drei Monaten sollten Mitarbeitende, Führungskräfte, aber auch externe Stakeholder gefragt werden, wie die Zusammenarbeit unter diesem neuen Modell beurteilt wird. Dieses Feedback liefert wichtige Punkte zur weiteren Optimierung.
Je mehr Erfahrungswerte Sie für Ihren individuellen Anwendungsfall sammeln, umso besser können Sie Anpassung und Optimierungsmaßnahmen vornehmen.
Es hat sich zum Beispiel herausgestellt, dass es Engpässe in bestimmten Bereichen gibt? Gegebenenfalls lohnt sich die Überlegung, eine zusätzliche Stelle zu besetzen. Und das rechnet sich vielleicht sogar, weil die Wirtschaftlichkeit wie bei den oben genannten Beispielen gestiegen ist.
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