Arbeitszeitkonto: Tipps für die Umsetzung
Ein Arbeitszeitkonto ist nur so gut wie seine Regeln. Um Streitigkeiten über Minusstunden, Feiertage oder Krankheitszeiten zu vermeiden, braucht es klare, faire und rechtssichere Vereinbarungen mit aktiver Beteiligung des Betriebsrats. Ein gut gemanagtes AZK schafft Flexibilität für Unternehmen und Planungssicherheit für Mitarbeitende. Und stärkt so das Vertrauen in moderne Arbeitszeitmodelle.

Das Wichtigste in Kürze
- Ein Arbeitszeitkonto muss transparent, korrekt und nachvollziehbar geführt werden.
- Weder bei Krankheit noch an Feiertagen oder im Urlaub dürfen Minusstunden entstehen.
- Plusstunden dürfen nicht beliebig gekürzt oder gestrichen werden. Hier braucht es klare vertragliche oder betriebliche Regelungen zur Abgeltung.
- Beschäftigte haben jederzeit ein Recht auf Einsicht in ihr Arbeitszeitkonto.
Voraussetzungen für die Einführung
Ein Arbeitszeitkonto soll Flexibilität und Transparenz schaffen – sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber. Vor der Einführung sollte die HR-Abteilung mehrere organisatorische und rechtliche Aspekte beachten.
- Regelwerke (z. B. Betriebsvereinbarung, TVöD): Es braucht eine verbindliche rechtliche Grundlage, auf deren Basis das AZK eingeführt und geführt wird.
- Dokumentation (z. B. Stundenzettel, Saldenführung): Die Arbeitszeiten müssen lückenlos dokumentiert und nachvollziehbar geführt werden – das AZK darf kein „Blackbox-Saldo“ sein.
- Transparenz und Mitbestimmung durch den Betriebsrat: Der Betriebsrat hat ein gesetzliches Mitbestimmungsrecht (§ 87 BetrVG), wenn es um Arbeitszeitkonten geht. Zudem hat er oft ein Einsichtsrecht, wenn es z. B. Beschwerden oder Verdachtsmomente gibt.
Eine beispielhafte Struktur für Arbeitszeitkonten könnte folgendermaßen aussehen:
Regelungsbereich | Beispiel / Hinweis |
---|---|
Sollstunden pro Monat | z.B. 160 bei 40h/Woche – Grundlage für Salden |
Plus- / Minusstunden | Grenzen definieren, z. B. ±40h |
Ausgleichszeiträume | z.B. 6 oder 12 Monate |
Nulllinie | Saldo bei Monatsende = 0, ggf. Übertrag möglich |
Urlaub / Feiertage | Mit Sollstunden bewertet, keine Minusstunden durch Feiertage |
Krankheit | Keine Minusstunden durch Krankschreibung oder „Kind krank“ |
Stundenzettel | Pflicht bei fehlender digitaler Erfassung |
Stundenzettel & Zeiterfassung
Ob mit Stundenzettel, digitaler App oder Terminal: Die Zeiterfassung bildet die Grundlage für ein korrekt geführtes Arbeitszeitkonto. Sie zeigt, wann gearbeitet wurde, wie lange, und ob Pausen eingehalten wurden. Wer sich fragt, wie viele Buchungen pro Stunde nötig sind – meistens reichen zwei: Kommen und Gehen. Aber Achtung: Fehlen Einträge oder werden Zeiten nachträglich geändert, sollte man das schriftlich festhalten lassen.
Der Stundenzettel ist dabei mehr als ein Formalismus. Er schützt beide Seiten – und er ist oft das erste Dokument, das man heranziehen sollte, wenn das Arbeitszeitkonto fehlerhaft erscheint. Immer mehr Betriebe nutzen digitale Systeme, um der Pflicht zur Nachvollziehbarkeit nachzukommen.
Wie muss ein Arbeitszeitkonto aussehen ?
Das Gesetz macht keine starren Vorgaben zur Form. Aber es sollte nachvollziehbar dokumentieren, wie viele Stunden gearbeitet wurden, welche davon Überstunden sind, welche Pausen abgezogen wurden, und welcher Saldo am Monatsende übrig bleibt.
Umgang mit Plus- und Minusstunden
Plusstunden sind Stunden, die über die vereinbarte regelmäßige Monatsarbeitszeit hinausgehen. Dabei unterscheidet man:
- Überstunden: Arbeitszeit über die gesetzliche oder tarifliche Regelarbeitszeit hinaus (z. B. über 8 Stunden pro Tag / 40 Stunden pro Woche)
- Mehrarbeit: Überschreitungen bei Teilzeit oder unterhalb der gesetzlichen Höchstgrenze
- Plusstunden im Gleitzeitrahmen: Innerhalb eines flexiblen Arbeitszeitmodells angesammelte Überstunden
Grundsätzlich gilt: Ohne ausdrückliche Vereinbarung im Vertrag oder einer BV dürfen Plusstunden nicht einseitig vom Arbeitgeber verlangt werden. Und bei Minijobs oder Teilzeitkräften kann Mehrarbeit zu sozialversicherungspflichtigen Auswirkungen führen.
Minusstunden zählen zu den häufigsten Konfliktthemen im Zusammenhang mit dem Arbeitszeitkonto und sind nur dann rechtlich zulässig, wenn es eine klare vertragliche Regelung oder eine Betriebsvereinbarung (BV) gibt. Die Grundlage dafür kann eine schriftliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung über flexible Arbeitszeiten oder Arbeitszeitkonten oder auch eine Regelungen im Tarifvertrag (z. B. im TVöD) sein.
Ohne eine solche Grundlage darf der Arbeitgeber auch keine Minusstunden anordnen oder einseitig einführen. Gleichzeitig gibt es klare Fälle, in denen keine Minusstunden entstehen dürfen – selbst bei Bestehen eines Arbeitszeitkontos:
- Krankheitstage (z. B. Kind krank oder AU): Hier muss der Arbeitgeber den Lohnfortzahlungsanspruch wahren. Minusstunden sind unzulässig.
- Urlaub: Während des Urlaubs gelten die vereinbarten Sollstunden als geleistet. Es dürfen keine Minusstunden entstehen – auch nicht anteilig.
- Fehlende Arbeit durch den Arbeitgeber: Wenn keine Arbeit zugewiesen wird (z. B. bei Auftragsmangel oder Betriebsstörung), darf der Arbeitnehmer nicht ins Minus geschickt werden.
Der Saldo beschreibt den Endstand eines Arbeitszeitkontos zu einem bestimmten Stichtag. Er ergibt sich aus allen Plus- und Minusstunden, die im Laufe des Zeitraums angefallen sind.
Nulllinie und Zeitguthaben
Die sogenannte Nulllinie markiert den Punkt, an dem ein Arbeitszeitkonto ausgeglichen ist – also weder Plus- noch Minusstunden enthält. Sie ist ein zentraler Referenzwert, denn an ihr misst sich, ob Arbeitszeitguthaben abgebaut oder aufgebaut wird.
Es gibt klare Grenzen, wie viele Stunden angesammelt werden dürfen – und auch, wann ein Ausgleich erfolgen muss. In der Regel ist im Tarifvertrag, Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung ein Ausgleichszeitraum festgelegt. Innerhalb dieses Zeitraums muss das Konto wieder im Gleichgewicht sein.
Um für Arbeitszeitguthaben vorbereitet zu sein, bilden besonders größere Unternehmen Rückstellungen. In der Bilanz tauchen diese Guthaben als finanzielle Verpflichtung auf.
Krankmeldung & Urlaub im Arbeitszeitkonto
Ein häufiger Irrglaube: Bei Krankheit fallen Minusstunden an. Das ist falsch. Wer krankgeschrieben ist und eine gültige AU vorlegt, darf nicht mit Minusstunden belastet werden. Das gilt auch dann, wenn kurzfristig Schichten ausfallen.
Ebenso unzulässig ist es, bei Krankheit automatisch Zeitguthaben abzubauen. Krank ist krank - das sagt auch die gesetzliche Grundlage – und das Arbeitszeitkonto bleibt in dieser Zeit im Regelfall unverändert.
Schwierig wird es, wenn mündliche Absprachen zur Arbeitszeit im Raum stehen. Dann hilft oft nur: Sorgfältige Dokumentation und Rücksprache mit dem Betriebsrat.
Auch wer Urlaub nimmt, erhält für diese Tage in der Regel seine Sollarbeitszeit gutgeschrieben. Urlaub darf nicht zur Deckung von Minusstunden verwendet werden, es sei denn, es gibt eine eindeutige Vereinbarung darüber.
Der Arbeitgeber darf nicht einfach Stunden abziehen, wenn jemand Urlaub nach Krankheit oder aus besonderen Gründen nimmt. Problematisch ist es auch, wenn Arbeitgeber versuchen, Gleitzeitguthaben mit Urlaub zu verrechnen. Solche Regelungen müssen transparent und schriftlich fixiert sein, sonst sind sie nicht zulässig.
Sonderfälle: Urlaub, Krankheit, Feiertage
Feiertage zählen grundsätzlich als bezahlte Arbeitszeit – vorausgesetzt, sie fallen auf einen regulären Arbeitstag. Wer beispielsweise Montag bis Freitag arbeitet, muss für einen Feiertag am Donnerstag keinen Zeitausgleich leisten. Kritisch wird es bei Schichtarbeit oder unregelmäßiger Arbeitszeit: Hier kommt es auf die individuelle Planung und den Arbeitsvertrag an.
Ein korrekt geführtes System berücksichtigt Feiertage automatisch in der Sollzeit des Monats. Weitere Fälle, die geregelt sein müssen:
- Urlaub: Gutschrift in Höhe der Sollstunden
- Krankheit: Keine Minusstunden – Arbeitgeber trägt das Betriebsrisiko
- Kind krank: Arbeitsrechtlich wie Krankheit behandelt
- Feiertage: Feiertagsarbeit wird ggf. gesondert vergütet
Rolle des Betriebsrats
Der Betriebsrat hat bei der Einführung und Änderung von Arbeitszeitkonten ein Mitbestimmungsrecht. Für HR-Verantwortliche bedeutet das: Ohne die Zustimmung des Betriebsrats dürfen weder Arbeitszeitkonten eingeführt noch zentrale Regeln wie Ausgleichszeiträume, Plus- und Minussalden oder die Nulllinie festgelegt werden.
Der Betriebsrat kann sich auch einschalten, wenn Beschäftigte den Verdacht haben, dass ihr Konto manipuliert wurde. Zudem kann er auf eine transparente Zeiterfassung und faire Regelungen drängen – besonders in Fragen wie Rufbereitschaft, Pausenregelung oder Höchstgrenzen der Arbeitszeit. Üblicherweise werden die Regelungen dazu in einer Betriebsvereinbarung zum Arbeitszeitkonto schriftlich festgehalten.
Mitgestaltung vom Betriebsrat im Überblick:
- Zustimmung zur Einführung eines Arbeitszeitkontos
- Regelung der Ausgleichszeiträume (z. B. monatlich, quartalsweise oder jährlich)
- Definition der zulässigen Minusstunden und deren Grenzen
- Gestaltung der Nulllinie (Startpunkt oder Schwelle des AZK)
- Regeln für Plusstunden, Überstunden und Freizeitausgleich
Wer Einsicht in die Arbeitszeitkonten der Belegschaft hat, unterscheidet sich je nach Rolle und Situation. Die HR-Abteilung hat zum Zweck der Abrechnung, Kontrolle und Korrektur Einsicht, die direkt Führungskraft zur Einsatz- und Dienstplanung und der Betriebsrat nur bei berechtigtem Interesse. Zum Beispiel bei Beschwerden, Konflikten oder Kontrolle der Einhaltung der Betriebsvereinbarung.
Denn Einsichtsrecht des Betriebsrats bedeutet nicht, dass er jederzeit auf einzelne AZK-Daten zugreifen darf. Er benötigt einen konkreten Anlass – etwa im Fall von Streitigkeiten um Minusstunden, Plusstunden oder Verstöße gegen die Betriebsvereinbarung.
Praktische Umsetzung im Unternehmen
Um ein AZK erfolgreich einzuführen, braucht es also unbedingt eine schriftliche Betriebsvereinbarung, die mit der Belegschaft und dem Betriebsrat kommuniziert wird. Eine klare Dokumentation in Form von Zeiterfassung und monatlichen Stundenzetteln liefert die Datengrundlage. Und darauf basierend können Salden regelmäßig kontrolliert werden.
Checkliste für HR:
- BetrVG §87 beachten
- Nulllinie + Ausgleichszeitraum festlegen
- Krankheit / Feiertage / Urlaub regeln
- Monatssalden überprüfen
Disclaimer
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