Vertrauensarbeitszeit: Grundlagen & Definition

Charakteristisch für das flexible Arbeitszeitmodell der Vertrauensarbeitszeit ist, dass Arbeitnehmer sich ihre Arbeitszeiten frei einteilen und Arbeitgeber nur das Gesamtvolumen der wöchentlichen oder monatlichen Arbeitszeit festlegen.


Vertrauensarbeitszeit

Das Wichtigste in Kürze

  • Arbeitgeber verzichten bei der Vertrauensarbeitszeit auf die Kontrolle der genauen Arbeitszeit.
  • Stattdessen teilen sich Arbeitnehmer ihre Arbeitszeiten eigenverantwortlich ein.
  • Das Arbeitszeitgesetz greift weiterhin.

Was ist Vertrauensarbeitszeit?

Vertrauensarbeitszeit bezeichnet ein flexibles Arbeitszeitmodell, bei dem Arbeitgeber auf die Kontrolle der Arbeitszeit verzichten und ihren Mitarbeitenden vertrauen, ihre Aufgaben eigenverantwortlich innerhalb eines vereinbarten Rahmens zu erledigen.

Heißt also: Das tägliche Zeitmanagement wird an die Mitarbeiter übertragen und statt darauf zu bestehen, wann genau die Arbeitsstunden erbracht werden, stehen die Arbeitsergebnisse im Fokus. Die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes greifen aber natürlich weiterhin.

Im Unterschied zu festen Arbeitszeiten oder Gleitzeitregelungen steht hier also das Arbeitsergebnis im Vordergrund, nicht die exakt geleistete Zeit.

Dieses Modell wird häufig in solchen Berufen eingesetzt, in denen Zielerreichung und Selbstorganisation im Mittelpunkt stehen. Die Arbeitszeiterfassung entfällt teilweise oder vollständig, wodurch ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Vertrauen entsteht.

Gesetzlicher Rahmen

Trotz dem Einsatz von Vertrauensarbeitszeit bleibt eine Zeiterfassung verpflichtend.

Denn seit 2023 ist in Deutschland eine grundsätzliche Pflicht zur Zeiterfassung vorgesehen, die auch Unternehmen betrifft, die Vertrauensarbeitszeit anbieten. Eine Zielsetzung dabei: Mitarbeiter vor Überarbeitung und unbezahlten Überstunden zu schützen.

Außerdem legt das Arbeitszeitgesetz fest, dass die Arbeitszeit der Mitarbeiter bestimmte Höchstgrenzen nicht überschreiten darf und Ruhezeiten eingehalten werden müssen, was natürlich auch bei der Anwendung von Vertrauensarbeitszeit gilt.

In der Praxis bedeutet das: Auch bei Vertrauensarbeitszeit müssen Arbeitsstunden dokumentiert werden – nicht zwingend vom Arbeitgeber, aber auf eine überprüfbare Weise. Dies betrifft insbesondere Themen wie Überstunden, Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten.

Vertrauensarbeitszeit und Zeiterfassung

Arbeitszeiten lückenlos zu erfassen, mag im ersten Moment im Konflikt mit einer Vertrauensarbeitszeit stehen. Denn typischerweise soll eine genaue Stundenkontrolle eben nicht stattfinden. Folgene Ansätze können die Prinzipien der Vertrauensarbeitszeit mit der Zeiterfassungspflicht vereinen:

Flexible Zeiterfassungssysteme: Mit modernen, digitalen Zeiterfassungssystemen lassen sich Arbeitszeiten bequem und vor allem flexibel dokumentieren. Beispielsweise per App oder einfach über den Desktop sind Start und Stopp von Arbeitszeiten unompliziert und schnell eingegeben.

Transparente Kommunikation: Der Hintergrund der Nutzung von Zeiterfassungssystemen sollte gerade im Rahmen von Vertrauensarbeitszeiten transparent mit den Mitarbeitenden kommuniziert werden. Denn unter diesen Rahmenbedingungen liegt der Fokus in den seltensten Fällen auf der Kontrolle, sondern viel mehr auf dem Schutz und den Rechten der Mitarbeitenden.

Ergebnisorientiertes Feedback: Weiterhin sollte ein Feedback der Mitarbeiterleistung hauptsächlich auf den Arbeitsergebnissen oder aber zwischenmenschlichen Faktoren basieren. Die Zeiterfassung dient nur als Hilfsmittel zur Nachverfolgung und nicht als primäres Bewertungskriterium.

Sonderregelungen

Bei manchen Modellen der Vertrauensarbeitszeit setzen Arbeitgeber in Kombination mit der täglichen Flexibilität auf eine sogenannte Kernarbeitszeit, während der alle Mitarbeiter anwesend sein müssen. Diese Zeiten sind dann für Meetings, generellen Austausch und Teamarbeit reserviert. In diesem Fall spricht man auch von Vertrauensgleitzeit.

Eine weitere Kombination kann in Form von Gleittagen auftreten. Hierbei haben Mitarbeitende die Möglichkeit, unter Umständen ganze Arbeitstage freizunehmen, ohne Urlaubstage zu verbrauchen.

Vertrauensarbeitszeit und Überstunden

Überstunden bilden eines der Fundamente für die Begründung von Zeiterfassungssystemen. Denn gerade unter Vertrauensarbeitszeit besteht die Gefahr dafür, dass Arbeitnehmer oft länger arbeiten, als im Arbeitsvertrag vorgesehen.

Das Führen von Arbeitszeitkonten schafft hier einen Ausgleich. Zum einen können Überstunden überhaupt erst quantifiziert werden. Und diese Dokumentation dient dann auch dazu, die zusätzlichen Stunden abzugelten.

In der Umsetzung erfolgt der Abbau von Überstunden meist flexibel. Mitarbeiter können bei geringerer Auslastung früher gehen oder später anfangen, ohne formale Anträge stellen zu müssen. Eine Auszahlung von Überstunden ist seltener der Fall. Die Regelungen dazu sind aber üblicherweise individuell im Arbeitsvertrag festgelegt.

Regelung im Arbeitsvertrag

Die Details zur Vertrauensarbeitszeit werden in der Regel im Arbeitsvertrag festgehalten. Die Integration der Vertrauensarbeitszeit in den Arbeitsvertrag ist entscheidend, um sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer Klarheit und Rechtssicherheit zu schaffen.

Dazu gehören die Rahmenbedingungen wie potenzielle Kernarbeitszeit und grundsätzliche Überstundenregelungen. Im besten Fall sollte auch die Erwartung an Arbeitnehmer durch den Einsatz von Vertrauensarbeitszeit explizit im Arbeitsvertrag festgehalten werden.

Eine präzise und detaillierte Vertragsgestaltung schützt nicht nur rechtlich beide Parteien, sondern fördert auch das Vertrauen und die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Sie sorgt für Transparenz bezüglich der gegenseitigen Erwartungen und bildet die Grundlage für eine erfolgreiche und produktive Arbeitsbeziehung.

Wann eignet sich Vertrauensarbeitszeit?

Die Vertrauensarbeitszeit fördert die Eigenverantwortung und Selbstorganisation der Beschäftigten und setzt ein hohes Maß an Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer voraus.

Vertrauensarbeitszeit eignet sich deswegen besonders für Branchen und Berufe, in denen die Arbeitsleistung nicht direkt an die Anwesenheit gebunden ist.

Zum Beispiel: Die IT-Branche, kreative und generell Bürojobs. Denn genau da tritt der Fall ein, dass es mehr auf das Ergebnis als auf die pure Arbeitszeit ankommt. Das Modell der Vertrauensarbeitszeit stellt jedoch auch bestimmte Anforderungen an die Unternehmenskultur und das Management.

Vor- und Nachteile von Vertrauensarbeitszeit

Arbeitnehmer profitieren bei der Anwendung von Vertrauensarbeitszeit von einer flexiblen Arbeitseinteilung, wodurch sich berufliche und private Verpflichtungen besser vereinbaren lassen. Damit kommt aber natürlich auch einher, dass Mitarbeitende in der Lage sein müssen, sich gut selbst zu organisieren.

Sprich, Überstunden sollten sorgfältig dokumentiert und geltend gemacht werden. Außerdem kann das Vereinen von beruflichem und privatem unter anderem durch die ständige Erreichbarkeit ein wahrer Balanceakt sein.

Führungskräfte und das Management dürfen sich in der Regel über weitaus motiviertere und produktivere Mitarbeitenden freuen. Denn Mitarbeitende fühlen sich durch diesen Vertrauensvorsprung oft stärker an das Unternehmen gebunden und tragen das auch nach außen.

Das stärkt über die Zeit auch die Arbeitgebermarke. Gleichzeitig bedeutet die Vertrauensarbeitszeit auch, dass weniger Administrationsaufwand für Führungskräfte anfällt.

Diese Vorteile für das Management kommt allerdings mit den Kosten des Kontrollverlustes. Wie und wann die Mitarbeiter arbeiten liegt nicht mehr in den Händen der Führungskräfte, was im schlimmsten Fall natürlich auch zu einem Missbrauch der Strukturen führen und Planungsmöglichkeiten reduzieren kann.

FAQ - Die wichtigsten Fragen auf einen Blick

Ja. Das Modell der Vertrauensarbeitszeit muss allerdings mittlerweile wie alle anderen Arbeitsmodelle mit einer Erfassung der Arbeitszeit einhergehen.

Ja – das Arbeitszeitgesetz gilt weiterhin, auch bei flexiblen Modellen.

Mittels digitaler Tools, Selbsterfassung durch Mitarbeitende oder hybrider Modelle.

„Trust-based working hours“ ist die gebräuchliche englische Bezeichnung.

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