Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG): Pflichten für HR datenschutzkonform umsetzen
Seit dem 2. Juli 2023 gilt in Deutschland das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG), das die EU-Richtlinie 2019/1937 in nationales Recht umsetzt. Für HR-Verantwortliche, insbesondere in mittelständischen Unternehmen, bringt das Gesetz neue Pflichten, aber auch Chancen im Rahmen der digitalen Transformation von HR-Prozessen: Es schützt Mitarbeitende, die auf Missstände hinweisen, und verpflichtet Unternehmen zur Einführung sicherer, datenschutzkonformer Hinweisgebersysteme.

Das Wichtigste in Kürze
- Im Juli 2023 ist Deutschlandweit das Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft getreteten.
- Unternehmen müssen demnach eine interne Meldestelle einrichten, damit Angestellte Missstände oder Regelverstöße anonym melden können.
- Unternehmen sind in der Pflicht, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um den Schutz von Hinweisgebenden sicherzustellen.
Was ist das Hinweisgeberschutzgesetz?
Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) schützt sogenannte Whistleblower – also Beschäftigte, die im Rahmen ihrer Tätigkeit auf Rechtsverstöße oder Missstände hinweisen und bietet dafür einen sicheren Kanal für die Meldung solcher Vorfälle.
Damit setzt das Hinweisgeberschutzgesetz die EU-Richtlinie 2019/1937 in nationales Recht um. Ziel ist es, Hinweisgeber vor Kündigung, Mobbing oder anderen Repressalien zu schützen – und Unternehmen zur Einrichtung vertrauenswürdiger Meldesysteme zu verpflichten.
Der Schutz von Hinweisgebern spielt eine zentrale Rolle im Compliance Management System und fördert Integrität sowie ethisches Verhalten in Unternehmen. Besonders für Chief Human Resources Officer (CHROs) und Compliance-Beauftragte ist es essenziell, eine Unternehmenskultur zu etablieren, in der Mitarbeitende sicher, vertraulich und ohne Angst vor Konsequenzen interne oder externe Meldestellen nutzen können.
Compliance Management System einfach erklärt
Ein Compliance Management System (CMS) ist ein zentrales organisatorisches Instrument, mit dem Unternehmen sicherstellen, dass ihr Verhalten – intern wie extern – den geltenden Gesetzen, Richtlinien, internen Vorgaben und ethischen Standards entspricht.
Warum ist ein CMS für HR in mittelständischen Unternehmen wichtig? Gesetzeskonformität: Das CMS stellt sicher, dass Unternehmen ihre Pflichten, zum Beispiel aus dem HinSchG fristgerecht und rechtssicher erfüllen.
- Risikominimierung: Frühzeitige Erkennung von Missständen verhindert Imageschäden und Bußgelder.
- Vertrauen schaffen: Ein professionelles CMS signalisiert Mitarbeitenden, dass Hinweise ernst genommen werden.
- Prozesse skalierbar gestalten: Gerade in mittelständischen Unternehmen hilft ein CMS, standardisierte und digitale Prozesse zu etablieren, ohne auf manuelle Einzellösungen setzen zu müssen.
Folgendes gilt beim HinSchG:
- Anonymität und Vertraulichkeit: Hinweisgebende haben das Recht, ihre Identität zu schützen und ihre Meldung anonym abzugeben. Unternehmen müssen sicherstellen, dass die Vertraulichkeit gewahrt bleibt.
- Schutz vor Folgen: Es ist nun explizit untersagt, Hinweisgebende zu benachteiligen, zu diskriminieren oder zu sanktionieren. Dies schließt Maßnahmen wie Kündigungen, Versetzungen oder Abmahnungen aus.
- Meldekanäle: Unternehmen sind verpflichtet, sichere Meldekanäle für Hinweisgebende bereitzustellen. Dies kann eine interne Meldestelle oder eine externe Plattform sein, die unabhängig von der Unternehmensführung agiert.
- Fristen für Untersuchungen: Das Gesetz legt klare Fristen für die Untersuchung von Hinweisen fest, um eine zeitnahe Klärung zu gewährleisten. Dies dient nicht nur dem Schutz des Hinweisgebendens, sondern auch der Integrität des gesamten Prozesses.
Für welche Unternehmen gilt das Hinweisgeberschutzgesetz?
Das Gesetz betrifft private und öffentliche Arbeitgeber – abhängig von der Unternehmensgröße:
Unter 50 Mitarbeiter | 50 - 249 Mitarbeiter | Ab 250 Mitarbeiter |
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Derzeit keine Pflicht. Aber freiwillige Umsetzung wird empfohlen (z. B. aus Compliance-Gründen) | Seit 17. Dezember 2023 verpflichtend | Seit 2. Juli 2023 verpflichtend |
Unser Tipp für HR: Prüfen Sie frühzeitig, ob Ihre Organisation unter die Schwellenwerte fällt und wie ein Hinweisgebersystem DSGVO-konform eingeführt werden kann.
Sobald für Unternehmen die Pflicht für ein Hinweisgebersystem gilt, muss die Personalabteilung in Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung geeignete Maßnahmen ergreifen. Das umfasst die Implementierung von Meldekanälen, die Schulung von Mitarbeitenden und Führungskräften sowie die Schaffung einer Unternehmenskultur, die die Meldung von Missständen fördert.
Beispiele für Verstöße
HR muss sicherstellen, dass Hinweisgeber alle relevanten Missstände melden können, etwa:
- Verstöße gegen deutsches oder europäisches Recht
- Korruption und Bestechung
- Verstöße gegen Arbeitszeit-, Datenschutz-, Umwelt- oder Produktsicherheitsgesetze
- Diskriminierung, Mobbing oder sexuelle Belästigung
Klassische Beispiele aus der Praxis sind unter anderem:
- Verfälschte Reisekostenabrechnungen
- Nichtbeachtung von Ruhepausen
- Systematische Benachteiligung
Interne vs. externe Meldestellen
Die Verantwortung für interne Meldestellen liegt häufig im HR- oder Compliance-Bereich. Dabei muss zunächst ein vertraulicher Meldekanal, z. B. über eine digitale Hinweisgeberplattform, die im besten Fall in die bestehende HR-Software integrierbar ist, etabliert werden. Außerdem gilt, dass Whistleblower innerhalb von 7 Tagen eine Eingangsbestätigung und innerhalb von 3 Monaten eine Bearbeitungsrückmeldung erhalten müssen.
HR muss außerdem die Dokumentation und Nachverfolgbarkeit der einzelnen Fälle sicherstellen. Alternativ können Unternehmen auch Dritte (z. B. Kanzleien oder externe Dienstleister) mit dieser Aufgabe beauftragen.
Gleichzeitig gilt aber auch: Hinweisgeber haben das Recht, sich an externe Meldestellen zu wenden. Dazu zählen staatliche Institutionen wie das Bundesamt für Justiz (zuständig für übergreifende Meldungen) sowie je nach Fall die Fachaufsichtsbehörden oder Datenschutzbehörden. Alternativ kann auch eine externe Ombudsperson, etwa aus einer spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei, beauftragt werden.
Hinweisgeberschutzgesetz: Checkliste für HR
Für HR liefert das HinSchG klare Handlungsfelder:
- Ausgangslage: Gilt das HinSchG für unser Unternehmen?
- Meldestelle einrichten: Auswahl geeigneter Tools oder externer Anbieter, technische Absicherung, Definition der Prozessverantwortlichen.
- Mitarbeitende informieren: Klare Kommunikation über Rechte und Wege zur Hinweisabgabe (z. B. Intranet, Aushänge, Schulungen).
- Verfahren dokumentieren: Prozesse und Zuständigkeiten müssen nachvollziehbar und rechtssicher dokumentiert sein – DSGVO-konform.
- Vertraulichkeit sicherstellen: Hinweisgeber dürfen keinesfalls benachteiligt werden. Zugriff auf Meldungen darf nur einem eng begrenzten Personenkreis möglich sein.
Tipp: Laden Sie sich unsere Vorlage für die Umsetzung des Hinweisschutzgesetz für Ihr Unternehmen herunter.
Kritik und Diskussionen um das HinSchG
Es gibt verschiedene Befürchtungen rund um das HinSchG, wie zum Beispiel das Risiko des Whistleblowing-Missbrauch, Reputationsrisiken. Denn: Anonyme Hinweise könnten zu unbegründeten Anschuldigungen führen. Kritiker sehen oft auch das Potenzial der Bewegung hin zu einer möglichen Kultur des Misstrauens in Unternehmen.
Außerdem in Deutschland natürlich immer hoch im Kurs: Datenschutzbedenken. Nichtsdestotrotz sollte HR hier klar Stellung beziehen und entsprechend kommunizieren. Denn das Gesetz schützt letztendlich nicht nur Hinweisgeber, sondern auch die Organisation selbst vor langfristigen Schäden.
FAQ - Die wichtigsten Fragen auf einen Blick
Alle Unternehmen, mit mehr als 50 Mitarbeitenden, sind verpflichtet ein internes Hinweisgebersystem einzurichten
Hier eignen sich Personen, die bereits aus beruflichen Gründen zur Vertraulichkeit und Verschwiegenheit verpflichtet sind.
Das Hinweisgeberschutzgesetz ist eine Regelung, um Personen, die Missstände oder Verstöße gegen Gesetze, interne Richtlinien oder ethische Standards in Unternehmen melden, zu schützen.
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