Bradford Faktor - Hintergrund, Berechnung, Maßnahmen

Der Bradford-Faktor ist ein analytisches Werkzeug, das in der Personalverwaltung verwendet wird, um die Auswirkungen von Fehlzeiten, oder auch Absentismus, in Organisationen zu bewerten. Zum Beispiel können so Muster von Fehlzeiten im Unternehmen identifiziert und bewertet werden.


Bradford Faktor - Hintergrund, Berechnung, Maßnahmen

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bradford-Faktors soll Unternehmen als Kennzahl dienen, um Abwesenheiten besser verstehen und steuern zu können.
  • Je höher der Score, umso dringender besteht Handlungsbedarf.
  • Maßnahmen sind vielfältig und individuell. Von regelmäßigen Mitarbeitergesprächen über flexiblere Arbeitszeiten hin zu disziplinarischen Maßnahmen.
  • Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung des Bradford-Faktors.
  • Kritik am Bradford Faktor: Es kann auf den ersten Blick nicht zwischen gerechtfertigten und ungerechtfertigten Fehlzeiten unterschieden werden.

Was ist der Bradford-Faktor?

Der Bradford-Faktor ist nach der Universität Bradford in Großbritannien benannt, wo erstmals seine Anwendung erforscht wurde. Mithilfe des Bradford-Faktors sollen Unternehmen eine Kennzahl erhalten, anhand derer sie Kurzzeit Abwesenheiten inklusive der daraus resultierenden Auswirkungen im Unternehmen besser verstehen und steuern können.

Dabei liegt dem Bradford-Faktor eine mathematische Formel zugrunde, die die Häufigkeit und Dauer von Mitarbeiter Abwesenheiten bewertet. Ein hoher Bradford-Faktor indiziert häufige, kurzzeitige Abwesenheiten eines Mitarbeitenden. Die zugrundeliegende Theorie: Häufige, kürzere Abwesenheiten haben tendenziell einen höheren Störfaktor für Unternehmen als längere.

Die Berechnung des Bradford-Faktors

Der Bradford-Faktor wird berechnet, indem die Anzahl der einzelnen Abwesenheitsperioden eines Mitarbeiters im Quadrat mit der Gesamtdauer der Abwesenheiten multipliziert wird. Die Formel lautet:

Bradford Faktor = (Anzahl der Abwesenheitsperioden)2 x Gesamtzahl der Abwesenheitstage

So gehen Sie für die Berechnung Schritt für Schritt vor:

  • Ermitteln der Abwesenheitsperioden: Zählen Sie die Anzahl der Fehlzeiten eines Mitarbeitenden in einem bestimmten Zeitraum.
  • Ermitteln der gesamten Fehltage: Zählen Sie die Gesamtzahl der Fehltage im selben Zeitraum.
  • Anwendung der Formel: Setzen Sie diese Werte in die Formel ein, und Sie erhalten den Bradford Faktor.

In den meisten Anwendungen wird der Bradford-Faktor jährlich zurückgesetzt, gibt also Auskunft über insgesamt 52 Wochen Abwesenheiten eines Mitarbeitenden. Das ermöglicht eine kontinuierliche Bewertung und Vergleichbarkeit der Mitarbeiterabwesenheiten.

Hintergrund von Absentismus

Mit Absentismus wird das Phänomen bezeichnet, wenn Mitarbeitende vorsätzlich ihrer Arbeit fernbleiben, häufig zu denselben Wochentagen und tendenziell für wenige Tage. Umgangssprachlich wird hier auch vom “Blaumachen” oder “Krankfeiern” geredet. Gründe dafür können sein:

  • Private Herausforderungen, wie gesundheitliche Probleme oder familiäre Verpflichtungen.
  • Demotivation, zum Beispiel durch Über- oder Unterforderung am Arbeitsplatz.
  • Schlechtes Arbeitsklima, zum Beispiel durch fehlende Perspektive oder Probleme unter Kollegen.

Auch gut zu wissen: Es gibt neben dem Absentismus auch den Präsentismus. Damit ist gemeint, dass Mitarbeitende trotz Krankheit arbeiten.

Bewertung des Bradford-Faktors

Ein niedriger Bradford-Faktor ist in der Regel wünschenswert und abhängig von der Höhe des resultierenden Scores besteht mehr oder weniger dringlicher Handlungsbedarf. Folgende Ampelskala kann zur Orientierung dienen:

  • Grün: Bei einem Score zwischen 1 und 200 besteht kein Handlungsbedarf.
  • Orange: Ein Score zwischen 201 und 499 weist auf ein Muster hinter den bestehenden Fehlzeiten, also Absentismus, hin.
  • Rot: Ein Score höher als 500 indiziert dringenden Handlungsbedarf und klaren Absentismus.

An der Ampelskala wird deutlich, dass eine regelmäßige Erfassung des Bradford Faktors nicht nur hilft, die Auswirkungen von Fehlzeiten quantitativ zu erfassen. Diese Methode unterstützt auch Abwesenheiten zu bewerten und personalpolitische Entscheidungen zu treffen.

Anwendung des Bradford-Faktors in der Praxis

Grundsätzlich kann natürlich ein einfaches Tool wie Excel dafür genutzt werden, um den Bradford Faktor der Belegschaft zu ermitteln. Dafür legen Sie die Formel in Excel an und tragen regelmäßig die einzelnen Kennzahlen der Belegschaft ein.

Allerdings kommt das auch mit mehr Mitarbeitenden einem großen manuellen Aufwand gleich. Zum einen müssen Sie so die Tabelle pflegen und regelmäßig aktualisieren. Dazu kommt, dass Sie sich die Kennzahlen von einem anderen Tool ziehen müssen. Sprich, hoher manueller und doppelter Aufwand und Potenzial für Übertragungsfehler.

Sie machen es sich leichter, wenn Sie entweder bereits ein Tool nutzen, mit dem Sie unternehmensweite Abwesenheiten erfassen, oder eines einführen. Am Beispiel von HRlab würde die Erfassung des Bradford Faktors folgendermaßen aussehen:

  • Mitarbeitende tragen ihre Abwesenheiten eigenständig ein.
  • Alle Kennzahlen laufen zuverlässig an einem Ort zusammen.
  • Anhand von individualisierbaren Auswertungen, ist der Überblick über den Bradford Faktor in Ihrem Unternehmen immer nur einen Klick entfernt.

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Fallbeispiele: Bradford Faktor und Absentismus in der Praxis

Fallbeispiel 1: Einzelhandelskette Ein Einzelhandelsunternehmen stellt erhöhte Fehlzeiten während der Feiertagssaison fest. Daraus resultieren Personalmangel und Umsatzeinbußen. Im ersten Schritt implementiert das Unternehmen den Bradford-Faktor, um ein Muster hinter den Abwesenheiten besser zu verstehen und zu identifizieren, welche Mitarbeiter häufig für kurze Perioden fehlten.

Die Analyse ergibt einen Bradford Faktor zwischen 201 und 499 und zeigt, dass bestimmte Mitarbeiter wiederholt kurzfristig abwesend waren, oft an Wochenenden oder während bestimmter Verkaufsaktionen. Im nächsten Schritt möchte das Einzelhandelsunternehmen verstehen, warum es bei diesen Mitarbeitenden zu solchen Fehlzeiten kommt.

Folgende potenzielle Herausforderungen sollen dabei untersucht werden:

  • Private oder familiäre Umstände
  • Probleme mit Vorgesetzten und/oder Kollegen
  • Unzufriedenheit oder Stress am Arbeitsplatz
  • Über- oder Unterforderung
  • Fehlende Wertschätzung

Nachdem ein Verständnis dafür etabliert werden konnte, warum die Fehlzeiten so hoch ausfallen, werden folgende Maßnahmen implementiert:

  • Verbesserung der Kommunikation und des Managements rund um Schichtpläne.
  • Durchführung von regelmäßigen Mitarbeitergesprächen.
  • Angebot von flexibleren Arbeitszeiten, wo es die Umstände zulassen.

Fallbeispiel 2: IT-Dienstleister Ein IT-Unternehmen stellt fest, dass bei einigen Projekten wiederholt hohe Verzugszeiten aufkommen und kann das auf erhöhte Fehlzeiten von Mitarbeitenden in diesen Projekten zurückführen. Die Implementierung des Bradford-Faktors ergibt, dass Verzögerungen vor allem auf die unvorhersehbaren Abwesenheiten von Schlüsselmitarbeitern zurückzuführen sind.

In der tieferen Analyse kann außerdem festgestellt werden, dass gerade bei diesen Mitarbeitenden eine Bottleneck-Situation herrscht. Das heißt, genau diese Mitarbeitenden haben Wissen und Fähigkeiten, welche im Unternehmen zu wenig vorhanden sind. Und dadurch erhöht sich der Druck sowie die Aufgabenlast.

Maßnahmen:

  • Kontinuierliche Analyse der Bradford-Faktor-Werte, um risikobehaftete Muster bei den Fehlzeiten zu identifizieren.
  • Angebot von Trainings und Schulungen, um konkret an den vorhandenen Wissenslücken anzusetzen.
  • Entwicklung eines Plans für Backup-Ressourcen in kritischen Projektphasen.

Kritik am und Herausforderungen mit dem Bradford Faktor

Kritiker argumentieren, dass der Bradford-Faktor nicht zwischen gerechtfertigten und ungerechtfertigten Fehlzeiten unterscheidet und somit zu einer unfairen Bewertung führen kann.

Auch chronische Krankheiten oder Behinderungen werden durch eine Kennzahl wie dem Bradford Faktor nicht berücksichtigt, was im Zweifel sogar rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Denn: Ein erhöhter Score stellt im ersten Schritt immer einen Generalverdacht auf, vorsätzlich krank zu feiern. Deswegen macht es Sinn, eine differenzierte Anwendung des Bradford Faktors einzusetzen.

Von einem grundsätzlichen Warnsystem im Unternehmen, welches auf potenzielle Umstände hinweist, können allerdings auch alle profitieren. Das, in Kombination mit einer individuellen Betrachtung von erhöhten Werten, erlaubt Einsichten und Perspektivenwechsel. Der Bradford Faktor sollte entsprechend immer zusammen mit regelmäßigen Mitarbeitergesprächen eingesetzt werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Der Umgang mit sensiblen Mitarbeiterdaten erfordert Compliance-Maßnahmen und DSGVO-konforme Praktiken. Auch mit Blick darauf lohnt es sich, eine Lösung wie zum Beispiel HRlab einzusetzen, bei der solche Themen bereits mitgedacht wurden.

Rechtliche Rahmenbedingungen und Beteiligung des Betriebsrats

Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung des Bradford-Faktors, insbesondere weil es um die Überwachung und Bewertung der Arbeitsleistung geht. Üblicherweise wird zu dem Zweck eine Betriebsvereinbarung aufgestellt, um klare Regeln zur Berechnung, Anwendung und den Datenschutzmaßnahmen enthalten.

Konkret werden darin zum Beispiel folgende Punkte festgelegt:

  • Definition der Dauer von Krankheitstagen (Kalender- vs. Arbeitstage)
  • Betrachtungszeitraum & rückwirkende Auswertungen
  • Unternehmensweite Schwellenwerte
  • Maßnahmen zur Förderung der Arbeitsbedingungen
  • Disziplinarische Maßnahmen

FAQ - Die wichtigsten Fragen auf einen Blick

Der Bradford-Faktor ist nach der Universität Bradford in Großbritannien benannt, wo erstmals seine Anwendung erforscht wurde. Die zugrundeliegende Theorie: Häufige, kürzere Abwesenheiten haben tendenziell einen höheren Störfaktor für Unternehmen als längere.

Ganz einfach gesagt: Ein niedriger Bradford-Faktor gut und ein höhere Score ist schlecht. In anderen Worten: Abhängig von der Höhe des resultierenden Scores besteht mehr oder weniger dringlicher Handlungsbedarf. Ein Score von unter 200 ist unproblematisch, aber alle Werte darüber können auf Absentismus hindeuten und sollten individuell analysiert werden.

Schritt eins: Finden Sie heraus, welchen Ursprung der Absentismus hat. Schritt zwei: Leiten Sie Maßnahmen ein, um dem entgegenzuwirken. Zum Beispiel: Ist ein Mitarbeitender demoralisiert, weil es Probleme mit Kollegen gibt, sollten Sie eine Aussprache initiieren und damit den Grundbaustein für ein produktives Zusammenarbeiten legen.

Disclaimer

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