Kinder und Karriere: Wie Unternehmen echte Vereinbarkeit schaffen
Bildung und Schule? Findet für viele Unternehmen bisher noch zu wenig Beachtung im HR-Kontext. Doch genau hier liegt eine Chance für die Unternemen, die echte Vereinbarkeit wirklich leben. Philipp erklärt in unserer aktuellen Folge, warum Bindung der Mitarbeitenden vor allem nach der Einschulung beginnt!

Warum Bildungsbegleitung ein HR-Kernthema ist
Wenn wir Bildungsbegleitung nicht mitdenken, verlieren wir Potenzial – auf beiden Seiten. Denn: Kinder verbringen viele Stunden in der Schule, bringen ihre Erfahrungen und Herausforderungen aber mit nach Hause. Dort beginnt die zweite Schicht für die Eltern.
Hausaufgaben, Vokabeltests, Leistungsdruck. Wenn Kinder in der Schule schlecht zurechtkommen, hat das unmittelbare Auswirkungen auf das Familienklima – und auf die Arbeitsfähigkeit der Eltern.
Für Unternehmen ergibt sich daraus ein direkter Handlungsimpuls: Wer Mitarbeitern mit schulpflichtigen Kindern Unterstützung anbietet, verbessert nicht nur deren Konzentration und Zufriedenheit im Job, sondern zeigt auch, dass die Realität von Eltern gesehen und ernstgenommen wird.
Schule als blinder Fleck in der HR-Landschaft
Während viele Unternehmen längst auf Angebote wie betriebseigene Kitas, Babysitter-Plattformen oder Elternzeitregelungen setzen, bleibt das Thema Schule häufig unter dem Radar. Philipp wurde dieser blinde Fleck besonders bewusst im Gespräch mit seiner Schwester, einer Kinderkrankenschwester und zweifachen Mutter.
Trotz Vollzeitjob blieb die Lernbegleitung der Kinder komplett an ihr hängen – ohne Unterstützung durch den Arbeitgeber. Dabei wäre genau hier ein Ansatzpunkt für echte Vereinbarkeit.
Das Problem: Schule beginnt meist genau dann, wenn Kinder aus der Kita herauswachsen – also in einer Phase, in der viele Eltern beruflich eigentlich wieder durchstarten wollen. Wer Bildungsbegleitung ausklammert, unterschätzt diese Übergangsphase – und verliert Bindungspotenzial.
Vereinbarkeit bedeutet mehr als Notfallbetreuung
Seit Philipp sich intensiver mit dem Thema „Working Parents“ beschäftigt, hat sich sein Verständnis von Vereinbarkeit stark gewandelt. „Vollzeitjob mit Dauer-Rufbereitschaft und spontanem Krisenmanagement“, der häufig nicht nur Kinder, sondern auch pflegebedürftige Angehörige betrifft.
Vereinbarkeit bedeutet daher nicht einfach, an einzelnen Stellen zu entlasten – sondern Eltern dauerhaft zu stärken und Strukturen zu schaffen, die Lebensrealitäten ernst nehmen.
Es geht hierbei nicht um punktuelle Benefits, sondern um eine Haltung. Und diese Haltung sollte im besten Fall alle Lebensphasen begleiten – nicht nur die erste Zeit nach der Geburt, sondern auch die oft unterschätzte Schulzeit, in der emotionale und organisatorische Anforderungen noch einmal ganz andere Dimensionen annehmen.
In anderen Worten: Weniger Maßnahmenkatalog - mehr Bereitschaft. Bereitschaft, individuelle Lösungen zu finden. Deshalb sollten Arbeitgeber sich fragen: Gibt es Raum, um über Belastungen zu sprechen? Werden Fürsorgeaufgaben ernstgenommen oder tabuisiert? Sind Flexibilität und Vertrauen gelebte Kultur – oder nur auf dem Papier verankert?
Wunsch an die Bildungspolitik
Wenn Philipp einen Wunsch frei hätte? Dann würde er sofort bei der Bildungspolitik ansetzen. Für ihn liegt der Schlüssel in echter individueller Förderung.
Das zeigen skandinavische Modelle, bei denen Lehrkräfte nicht nur unterrichten, sondern auch als feste Bezugspersonen für kleine Gruppen von Schülern fungieren – inklusive regelmäßiger Einzelgespräche.
So entstehe eine persönlichere Begleitung, die nicht nur Leistung, sondern auch Persönlichkeit und Motivation stärkt - und die Eltern entlasten kann.
Beispiele für Vereinbarkeit
Grundsätzlich gilt: Vereinbarkeit zwischen Elternsein und Karriere sollte nicht in einem Entweder-Oder resultieren – sondern viel mehr in einer gemeinsamen Suche zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach tragfähigen Lösungen.
Retention beginnt nach der Einschulung
Gerade der Schulstart eines Kindes ist ein kritischer Moment. Für viele Eltern bedeutet dieser Zeitpunkt ein neuer Tagesablauf, gepaart mit Unsicherheit, Leistungsdruck und Organisationsaufwand. Wenn Arbeitgeber hier an der richtigen Stellen Unterstützung bieten, entsteht sofort eine emotionale Bindung gegenüber dem Arbeitgeber.
Ein Beispiel: Statt Eltern wegen Fehlzeiten unter Druck zu setzen, weil das Kind Unterstützung bei den Hausaufgaben braucht, könnten Unternehmen aktiv Formate anbieten, die entlasten – z. B. durch Nachhilfe-Angebote, flexible Arbeitszeiten oder einfach Sichtbarkeit und Verständnis für das Thema im Team.
Lunch & Learn Konzept
Um Eltern im Arbeitsalltag sichtbar zu machen und zu unterstützen, hat Cleverly das Format „Lunch & Learn“ entwickelt. Die Idee: In der Mittagspause kommen Eltern zusammen, erhalten Impulse zum Thema Lernen und tauschen sich aus. Für viele ist das eine erste Gelegenheit, überhaupt in diesem Kontext über schulische Herausforderungen zu sprechen.
Schon kleine Perspektivwechsel können große Wirkung haben: Statt beim Vokabeltest auf die acht falschen Antworten zu schauen, lieber die zwei richtigen Antworten loben . Das motiviert Kinder und stärkt die Eltern-Kind-Beziehung.
Bei Cleverly wird die Wirkung solcher Formate regelmäßig erhoben. Dabei zeigt sich: Entlastung entsteht oft weniger durch die konkrete Nutzung eines Tools, sondern durch die bloße Existenz des Angebots. Eltern fühlen sich verstanden – und das wiederum stärkt die Bindung an das Unternehmen.
Warum immer noch vor allem Mütter betroffen sind
Die Realität zeigt: Es sind nach wie vor überwiegend Mütter, die beruflich zurückstecken, wenn familiäre Aufgaben anfallen. Warum? Eine „Kette struktureller Benachteiligungen“, die sich durch alle Lebensphasen zieht – vom Gender Pay Gap über den Gender Care Gap bis hin zum Gender Pension Gap.
Für Philipp liegt genau darin eine Aufgabe für Unternehmen: Vereinbarkeit darf nicht länger als „Mütter-Thema“ verstanden werden. Es braucht eine Unternehmenskultur, die familiäre Aufgaben sichtbar macht, ohne sie zu personalisieren oder zu problematisieren – und die bewusst Formate schafft, die beide Elternteile adressieren.
Denn nur wenn Fürsorgearbeit als gesamtgesellschaftliche Verantwortung anerkannt wird, können sich Rollenmuster nachhaltig verändern. Unternehmen spielen dabei eine zentrale Rolle – als Vorbilder, Möglichmacher und Impulsgeber für einen echten Kulturwandel.
Maßnahmen zu mehr Vereinbarkeit
Gespräche führen, bevor Lösungen verordnet werden
Wirkliche Vereinbarkeit beginnt mit echtem Interesse. Was brauchen Eltern wirklich? Wo hakt es im Alltag?
Pilotformate ausprobieren – niedrigschwellig und konkret
Ein „Lunch & Learn“ kann der Einstieg sein. Entscheidend ist: Mitarbeitende spüren, dass ihr Alltag mitgedacht wird.
Erfahrung teilen, statt nur Theorien lesen
Der Austausch mit anderen Unternehmen bringt oft mehr als jede Studie. Best Practices helfen, Fehler zu vermeiden und schneller zu lernen.
Die ganze Folge “von HR für HR” zum Thema Vereinbarkeit

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