Time-to-Hire optimieren: Diese 10 Maßnahmen wirken sofort
Die Time-to-Hire, also die Zeitspanne von der Ausschreibung bis zur Vertragsunterschrift, entwickelt sich zunehmend zu einem kritischen Wettbewerbsfaktor. In der aktuellen Episode des Podcasts „von HR für HR“ spricht Lesley mit Recruiting-Expertin Sonia darüber, wie sich die Time-to-Hire drastisch verkürzen lässt, ohne dabei Kompromisse bei der Qualität einzugehen.

Warum lange Einstellungsprozesse ein echtes Risiko sind
Je länger ein Recruitingprozess dauert, desto größer ist die Gefahr, dass gute Kandidaten abspringen. Und die Daten sprechen eine deutliche Sprache:
- 58 % aller Bewerber brechen Verfahren ab, weil sie als zu umständlich wahrgenommen werden.
- 42,5 % bemängeln eine zu langsame Reaktion seitens des Unternehmens.
- 78 % denken bei zu langen Prozessen ernsthaft über einen Abbruch nach.
Noch gravierender: Nach nur einer Woche ohne Feedback verlieren 25 % das Interesse. Nach zwei Wochen ist schon fast die Hälfte (46 %) innerlich ausgestiegen.
Hinzu kommt ein häufig übersehener Effekt: Lange Prozesse wirken wie ein Spiegel. Sie lassen Rückschlüsse auf eine träge Unternehmenskultur zu – und schrecken Top-Talente ab.
Auch die Kosten sind erheblich: Unbesetzte Stellen führen zu Produktivitätsverlust, Überlastung im Team, wiederholten Aufwänden im Recruiting und Einbußen beim Employer Branding. Bewerber, die einen schlechten Eindruck gewinnen, bewerben sich selten erneut – und berichten möglicherweise negativ über das Unternehmen.
Typische Fehler, die Unternehmen Zeit kosten
In der Praxis beobachten Recruiting-Profis wie Sonia immer wieder dieselben strukturellen Schwächen:
Unklarheit über das Zielprofil: Viele Prozesse starten, bevor wirklich klar ist, wer eigentlich gesucht wird – fachlich, kulturell und hinsichtlich der Rahmenbedingungen. Das führt zu verpassten Chancen und unnötigen Korrekturschleifen.
Wechselnde Anforderungen und fehlender Fokus: Wenn jede Woche die Persona geändert wird, fehlt die Vergleichbarkeit. Prozesse werden zerfasert und verlieren an Tempo.
Fehlende Entscheidungsbefugnisse: Recruiter, die nicht autonom agieren dürfen, und Hiring Manager, die schlecht gebrieft sind, verzögern wichtige Rückmeldungen – oft ungewollt, aber mit großer Wirkung.
Unzureichende interne Abstimmung: Wenn nicht klar ist, wer wann welchen Teil des Prozesses übernimmt, entstehen Lücken. Kandidaten spüren das – und steigen aus.
Unstrukturierte Kommunikation mit Bewerbern: Lange Funkstille oder widersprüchliche Rückmeldungen zerstören Vertrauen – und lassen selbst eigentlich interessierte Talente abspringen.
Trotz Tempo Qualität sichern – wie geht das?
Ein weitverbreiteter Irrtum lautet: Wer schnell rekrutiert, riskiert Fehlbesetzungen. In der Realität ist oft das Gegenteil der Fall: Tempo bringt Klarheit und Struktur – vorausgesetzt, die Prozesse sind gut aufgesetzt.
Sonia betont: „Schnelligkeit heißt nicht Hektik – sondern Fokus. Wenn Zielprofil, Kommunikationswege und Entscheidungskriterien klar sind, lässt sich Qualität sichern UND die Time-to-Hire verkürzen.“
Ein gutes Beispiel:
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel aus der Praxis zeigt, wie stark sich eine klar strukturierte und persönliche Herangehensweise auf die Time-to-Hire auswirken kann:
In einem Projekt, das Sonia begleitete, stand ein schnell wachsendes Unternehmen vor der Herausforderung, innerhalb kurzer Zeit mehrere Schlüsselpositionen neu zu besetzen. Dies gelang innerhalb von nur drei Wochen - mit durchweg positiven Rückmeldungen seitens der Kandidaten im Onboarding.
Der entscheidende Unterschied lag in der frühzeitigen Einbindung des Teams, der transparenten Kommunikation aller Prozessschritte und einer konsequenten Feedbackkultur.
Statt den Auswahlprozess über Wochen zu strecken, wurden Interviewrunden zeitlich gebündelt und direkte Kontakte zum künftigen Team ermöglicht.
Ergebnis: hohe Abschlussquote, starke Passung – und ein Recruitingerlebnis, das sich positiv auf das Employer Branding auswirkt.
Ghosting durch Bewerber – was wirklich hilft
Ghosting – also das abrupte Abtauchen von Bewerbern – passiert im Recruiting regelmäßig. Die Gründe? Oft liegt es nicht an Desinteresse, sondern an einem Mangel an Orientierung, Klarheit oder Verbindlichkeit im Prozess. Was Unternehmen konkret dagegen tun können:
Der bewusste Aufbau von Vertrauen – und das beginnt bereits ganz am Anfang des Bewerbungsprozesses. Unternehmen, die offen über die einzelnen Prozessschritte, deren zeitlichen Rahmen, die Gehaltsrange sowie ihre Erwartungen an die Rolle kommunizieren, schaffen Transparenz und geben Bewerbern ein Gefühl von Sicherheit. Dieses Vertrauen bildet die Grundlage für eine tragfähige Beziehung – noch bevor der erste Arbeitsvertrag unterschrieben ist.
Gleichzeitig ist Geschwindigkeit ein entscheidender Faktor: Rückmeldungen innerhalb von 48 Stunden setzen ein klares Zeichen von Verbindlichkeit und Professionalität. Wenn Bewerber merken, dass ihre Zeit und ihr Engagement wertgeschätzt werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch ihrerseits verbindlich bleiben.
Ein weiterer Aspekt ist die kulturelle Passung. Wer schon früh im Prozess spürt, dass er oder sie nicht nur fachlich, sondern auch menschlich ins Team passt, fühlt sich stärker motiviert, am Ball zu bleiben – selbst wenn parallel andere Angebote im Raum stehen. Daher lohnt es sich, den Cultural Fit bewusst frühzeitig zu prüfen und transparent zu thematisieren.
Nicht zuletzt ist auch der Umgang mit Absagen entscheidend. Statt einer stillen oder automatisierten Ablehnung bietet eine wertschätzende, konstruktive Kommunikation die Chance, auch bei einer Nicht-Einstellung einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Viele qualifizierte Kandidaten kehren zurück oder empfehlen das Unternehmen weiter – wenn sie sich fair und respektvoll behandelt fühlen.
Der Bewerbungsprozess dauert zu lange!
Der durchschnittliche Bewerbungsprozess dauert in den USA 22,9 Tage, in Europa ganze 36 Tage.
Kein Wunder, dass Kandidaten während eines langen Prozesses andere Angebote vorziehen, vor allem bei dynamischen Mitbewerbern.
10 Tipps, die sofort Wirkung zeigen
Sonia bringt zehn konkrete Maßnahmen mit, die sich direkt umsetzen lassen – unabhängig von Unternehmensgröße oder Branche:
1: Vorbereitung ist die halbe Miete
Bevor die erste Anzeige geschaltet oder das erste Interview geführt wird, sollte klar sein: Wer wird gesucht – und warum?
Wer das nicht aus eigener Kraft formulieren kann, sollte das bestehende Team befragen oder ehemalige Rolleninhaber einbeziehen. So entsteht ein realistisches, tragfähiges Zielbild.
2: Commitment auf 4 Wochen
Vier Wochen sind ein realistisch gesetztes Zeitfenster, um eine Rolle zu besetzen. Wichtig ist, in dieser Zeit dranzubleiben, statt bei Unsicherheit sofort die Strategie zu wechseln. Durchhalten, beobachten, optimieren – statt ständig neu ansetzen.
3: Active Sourcing strategisch und transparent
Nicht warten, bis Bewerbungen eintrudeln – sondern gezielt ansprechen. Aber: Vollständige Transparenz ist entscheidend. Wer Benefits oder Anforderungen verschweigt, verliert spätestens im Interview. Zusätzlich wichtig:
- Kontakte aus früheren Prozessen nicht verlieren.
- Sichtbarkeit auf LinkedIn aufbauen, um als Arbeitgeber präsent zu bleiben.
4: Mehrere Personas parallel testen
Unsicherheit über die „richtige“ Kandidaten-Persona ist normal. Aber statt nacheinander zu testen, lieber gleichzeitig mehrere Varianten verfolgen – und datenbasiert auswerten, was funktioniert.
5: Recruiter-Kick-off und Hiring Manager-Schulungen
Ein strukturierter Startworkshop stellt sicher, dass alle Beteiligten wissen, was gesucht wird, was No-Gos sind – und wie Entscheidungen getroffen werden. Mit dem Ziel: Rückmeldungen innerhalb von 48 Stunden ermöglichen.
6: Kalenderlinks für einfache Terminfindung
Bewerber:innen sollten in jedem Schritt direkt die Möglichkeit bekommen, Gespräche zu buchen. Das reduziert Rückfragen, beschleunigt Prozesse – und sorgt für Verbindlichkeit.
7: Team frühzeitig einbinden
Kandidaten treffen nicht nur auf die Führungskraft, sondern auch auf Kollegen. Das schafft Nähe, Authentizität – und spart Zeit in der Entscheidung, ob es wirklich passt.
8: Scheinbar beschleunigen – durch intelligentes Taktieren
Zum Beispiel kann man „Meet the Team“-Formate direkt im Anschluss an Interviews einplanen. Auch informelle Begegnungen wie ein gemeinsames Mittagessen oder ein virtueller Coffee Talk können als hierbei zweites Gespräch genutzt werden. Solche Formate wirken oft weniger formell, fördern eine entspannte Atmosphäre und helfen beiden Seiten, ein besseres Gefühl füreinander zu bekommen.
9: Fallstudie frühzeitig einbauen
Wenn Case-Elemente zur Auswahl gehören, gehören sie in Runde zwei – nicht in Runde vier. Das spart Zeit, erhöht die Aussagekraft und zeigt, ob wirklich Interesse besteht.
10: Angebot direkt nach dem Finalinterview
Wenn es passt, dann sagen – sofort. Wer das finale Gespräch überzeugend fand, sollte nicht auf „noch zwei Tage Bedenkzeit“ setzen, sondern handeln. Geschwindigkeit signalisiert Wertschätzung.
Drei Maßnahmen, die Unternehmen sofort angehen sollten
Wer nicht alles auf einmal ändern kann, sollte mit diesen drei Punkten starten:
- Zielprofile konsequent schärfen – bevor die Suche beginnt.
- Klare Verantwortlichkeiten festlegen – inklusive Rückmeldefristen.
- Jede Kommunikation mit Kandidaten standardisieren und beschleunigen.
Die ganze Folge “von HR für HR” zur Time-to-Hire

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