Time-to-Hire optimieren: Diese 10 Maßnahmen wirken sofort

Georg Salzmann

Georg Salzmann

7. Mai 2025 • 6 Minuten Lesezeit

Unternehmen, die zu langsam rekrutieren, verlieren wertvolle Chancen. Die Time-to-Hire, also die Zeitspanne von der Ausschreibung bis zur Vertragsunterschrift, entwickelt sich zunehmend zu einem kritischen Wettbewerbsfaktor. In der aktuellen Episode des Podcasts „von HR für HR“ spricht Lesley mit Recruiting-Expertin Sonia darüber, wie sich die Time-to-Hire drastisch verkürzen lässt, ohne dabei Kompromisse bei der Qualität einzugehen. Mit dabei: konkrete Praxistipps, Erfahrungswerte aus der Zusammenarbeit mit Unternehmen und zehn direkt umsetzbare Maßnahmen.


Time to hire Podcast

Warum lange Einstellungsprozesse ein echtes Risiko sind

Je länger ein Recruitingprozess dauert, desto größer ist die Gefahr, dass gute Kandidaten abspringen. Und die Daten sprechen eine deutliche Sprache:

  • 58 % aller Bewerber brechen Verfahren ab, weil sie als zu umständlich wahrgenommen werden.
  • 42,5 % bemängeln eine zu langsame Reaktion seitens des Unternehmens.
  • 78 % denken bei zu langen Prozessen ernsthaft über einen Abbruch nach.

Noch gravierender: Nach nur einer Woche ohne Feedback verlieren 25 % das Interesse. Nach zwei Wochen ist schon fast die Hälfte (46 %) innerlich ausgestiegen.

Hinzu kommt ein häufig übersehener Effekt: Lange Prozesse wirken wie ein Spiegel. Sie lassen Rückschlüsse auf eine träge Unternehmenskultur zu – und schrecken Top-Talente ab.

Auch die Kosten sind erheblich: Unbesetzte Stellen führen zu Produktivitätsverlust, Überlastung im Team, wiederholten Aufwänden im Recruiting und Einbußen beim Employer Branding. Bewerber, die einen schlechten Eindruck gewinnen, bewerben sich selten erneut – und berichten möglicherweise negativ über das Unternehmen.

Typische Fehler, die Unternehmen Zeit kosten

In der Praxis beobachten Recruiting-Profis wie Sonia immer wieder dieselben strukturellen Schwächen:

  • Unklarheit über das Zielprofil

Viele Prozesse starten, bevor wirklich klar ist, wer eigentlich gesucht wird – fachlich, kulturell und hinsichtlich der Rahmenbedingungen. Das führt zu verpassten Chancen und unnötigen Korrekturschleifen.

  • Wechselnde Anforderungen und fehlender Fokus

Wenn jede Woche die Persona geändert wird, fehlt die Vergleichbarkeit. Prozesse werden zerfasert und verlieren an Tempo.

  • Fehlende Entscheidungsbefugnisse

Recruiter, die nicht autonom agieren dürfen, und Hiring Manager, die schlecht gebrieft sind, verzögern wichtige Rückmeldungen – oft ungewollt, aber mit großer Wirkung.

  • Unzureichende interne Abstimmung

Wenn nicht klar ist, wer wann welchen Teil des Prozesses übernimmt, entstehen Lücken. Kandidaten spüren das – und steigen aus.

  • Unstrukturierte Kommunikation mit Bewerbern

Lange Funkstille oder widersprüchliche Rückmeldungen zerstören Vertrauen – und lassen selbst eigentlich interessierte Talente abspringen.

Trotz Tempo Qualität sichern – wie geht das?

Ein weitverbreiteter Irrtum lautet: Wer schnell rekrutiert, riskiert Fehlbesetzungen. In der Realität ist oft das Gegenteil der Fall: Tempo bringt Klarheit und Struktur – vorausgesetzt, die Prozesse sind gut aufgesetzt.

Sonia betont: „Schnelligkeit heißt nicht Hektik – sondern Fokus. Wenn Zielprofil, Kommunikationswege und Entscheidungskriterien klar sind, lässt sich Qualität sichern UND die Time-to-Hire verkürzen.“

Ein gutes Beispiel:

In einem ihrer Projekte konnten durch eine konsequent effiziente Vorgehensweise nicht nur die besten Kandidaten im Markt erreicht, sondern auch innerhalb von drei Wochen eingestellt werden – mit durchweg positiven Rückmeldungen im Onboarding.

Der Schlüssel: Frühzeitige Einbindung des Teams, eine klar kommunizierte Timeline und verbindliche Feedbackzyklen.

Ghosting durch Bewerber – was wirklich hilft

Ghosting – also das abrupte Abtauchen von Bewerbern – passiert im Recruiting regelmäßig. Die Gründe? Oft liegt es nicht an Desinteresse, sondern an einem Mangel an Orientierung, Klarheit oder Verbindlichkeit im Prozess. Was Unternehmen konkret dagegen tun können:

Der bewusste Aufbau von Vertrauen – und das beginnt bereits ganz am Anfang des Bewerbungsprozesses. Unternehmen, die offen über die einzelnen Prozessschritte, deren zeitlichen Rahmen, die Gehaltsrange sowie ihre Erwartungen an die Rolle kommunizieren, schaffen Transparenz und geben Bewerbern ein Gefühl von Sicherheit. Dieses Vertrauen bildet die Grundlage für eine tragfähige Beziehung – noch bevor der erste Arbeitsvertrag unterschrieben ist.

Gleichzeitig ist Geschwindigkeit ein entscheidender Faktor: Rückmeldungen innerhalb von 48 Stunden setzen ein klares Zeichen von Verbindlichkeit und Professionalität. Wenn Bewerber merken, dass ihre Zeit und ihr Engagement wertgeschätzt werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch ihrerseits verbindlich bleiben.

Ein weiterer Aspekt ist die kulturelle Passung. Wer schon früh im Prozess spürt, dass er oder sie nicht nur fachlich, sondern auch menschlich ins Team passt, fühlt sich stärker motiviert, am Ball zu bleiben – selbst wenn parallel andere Angebote im Raum stehen. Daher lohnt es sich, den Cultural Fit bewusst frühzeitig zu prüfen und transparent zu thematisieren.

Nicht zuletzt ist auch der Umgang mit Absagen entscheidend. Statt einer stillen oder automatisierten Ablehnung bietet eine wertschätzende, konstruktive Kommunikation die Chance, auch bei einer Nicht-Einstellung einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Viele qualifizierte Kandidaten kehren zurück oder empfehlen das Unternehmen weiter – wenn sie sich fair und respektvoll behandelt fühlen.

Das dauert zu lange!

Der durchschnittliche Bewerbungsprozess dauert in den USA 22,9 Tage, in Europa ganze 36 Tage.

Kein Wunder, dass Kandidaten während eines langen Prozesses andere Angebote vorziehen, vor allem bei dynamischen Mitbewerbern.

10 Tipps, die sofort Wirkung zeigen

Sonia bringt zehn konkrete Maßnahmen mit, die sich direkt umsetzen lassen – unabhängig von Unternehmensgröße oder Branche:

1: Vorbereitung ist die halbe Miete

Bevor die erste Anzeige geschaltet oder das erste Interview geführt wird, sollte klar sein: Wer wird gesucht – und warum?

Wer das nicht aus eigener Kraft formulieren kann, sollte das bestehende Team befragen oder ehemalige Rolleninhaber einbeziehen. So entsteht ein realistisches, tragfähiges Zielbild.

2: Commitment auf 4 Wochen

Vier Wochen sind ein realistisch gesetztes Zeitfenster, um eine Rolle zu besetzen. Wichtig ist, in dieser Zeit dranzubleiben, statt bei Unsicherheit sofort die Strategie zu wechseln. Durchhalten, beobachten, optimieren – statt ständig neu ansetzen.

3: Active Sourcing strategisch und transparent

Nicht warten, bis Bewerbungen eintrudeln – sondern gezielt ansprechen. Aber: Vollständige Transparenz ist entscheidend. Wer Benefits oder Anforderungen verschweigt, verliert spätestens im Interview. Zusätzlich wichtig:

  • Kontakte aus früheren Prozessen nicht verlieren.
  • Sichtbarkeit auf LinkedIn aufbauen, um als Arbeitgeber präsent zu bleiben.

4: Mehrere Personas parallel testen

Unsicherheit über die „richtige“ Kandidaten-Persona ist normal. Aber statt nacheinander zu testen, lieber gleichzeitig mehrere Varianten verfolgen – und datenbasiert auswerten, was funktioniert.

5: Recruiter-Kick-off und Hiring Manager-Schulungen

Ein strukturierter Startworkshop stellt sicher, dass alle Beteiligten wissen, was gesucht wird, was No-Gos sind – und wie Entscheidungen getroffen werden. Mit dem Ziel: Rückmeldungen innerhalb von 48 Stunden ermöglichen.

6: Kalenderlinks für einfache Terminfindung

Bewerber:innen sollten in jedem Schritt direkt die Möglichkeit bekommen, Gespräche zu buchen. Das reduziert Rückfragen, beschleunigt Prozesse – und sorgt für Verbindlichkeit.

7: Team frühzeitig einbinden

Kandidaten treffen nicht nur auf die Führungskraft, sondern auch auf Kollegen. Das schafft Nähe, Authentizität – und spart Zeit in der Entscheidung, ob es wirklich passt.

8: Scheinbar beschleunigen – durch intelligentes Taktieren

Beispiel:

„Meet the Team“-Formate direkt im Anschluss an Interviews einplanen. Auch informelle Begegnungen wie ein gemeinsames Mittagessen oder ein virtueller Coffee Talk können als hierbei zweites Gespräch genutzt werden. Solche Formate wirken oft weniger formell, fördern eine entspannte Atmosphäre und helfen beiden Seiten, ein besseres Gefühl füreinander zu bekommen.

9: Fallstudie frühzeitig einbauen

Wenn Case-Elemente zur Auswahl gehören, gehören sie in Runde zwei – nicht in Runde vier. Das spart Zeit, erhöht die Aussagekraft und zeigt, ob wirklich Interesse besteht.

10: Angebot direkt nach dem Finalinterview

Wenn es passt, dann sagen – sofort. Wer das finale Gespräch überzeugend fand, sollte nicht auf „noch zwei Tage Bedenkzeit“ setzen, sondern handeln. Geschwindigkeit signalisiert Wertschätzung.

Drei Maßnahmen, die Unternehmen sofort angehen sollten

Wer nicht alles auf einmal ändern kann, sollte mit diesen drei Punkten starten:

  • Zielprofile konsequent schärfen – bevor die Suche beginnt.

  • Klare Verantwortlichkeiten festlegen – inklusive Rückmeldefristen.

  • Jede Kommunikation mit Kandidaten standardisieren und beschleunigen.

Die ganze Folge “von HR für HR” zum Thema: Time-to-Hire optimieren

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