Nachfolgeplanung im Mittelstand - warum sie unverzichtbar ist

Georg Salzmann

Georg Salzmann

19. März 2025 • 6 Minuten Lesezeit

"Wir leben in extrem volatilen Zeiten. Das macht Nachfolgeplanung unverzichtbar.” Bis 2036 gehen über 13 Millionen Erwerbstätige in Rente. Diese entstehende Lücke, gerade im mittelständischen Bereich, muss proaktiv angegangen werden. Darüber reden Marie Kanellopulos von DONE! Berlin und Lina in unserer neuen Folge „von HR für HR“.


Nachfolgeplanung im Mittelstand

Warum agile Nachfolgeplanung?

Es gibt Veränderungen im Markt, die sich sicher vorhersehen lassen. Wie beispielsweise der demographische Wandel. Denn: Bis 2036 werden nachweislich 13 Millionen Erwerbstätige in Rente gehen. Und mittelständische Unternehmen werden schon bis 2026 rund 560.000 ihrer Führungskräfte in Rente gehen sehen.

Der Mittelstand ist entsprechend stark durch das Thema Pensionierung betroffen. Dazu kommt, dass gerade in diesem Kontext die unternehmerischen Strukturen oft durch eine führende Persönlichkeit geprägt sind. Und auch für diese Position möchte eine Nachfolge rechtzeitig geplant sein. Neben vorhersehbaren Veränderungen gibt es natürlich immer auch plötzliche Fälle wie Krankheit oder im schlimmsten Fall ein Versterben.

Ein prägnantes Beispiel war 2016 der Fall um Karl-Erivan Haub, ehemaliger Tengelmann-Chef. Das damalige Verschwinden sorgte nicht nur für Unsicherheiten mit Blick auf die Nachfolgeplanung, sondern auch zu Erbstreitigkeiten. Und in solchen Fällen liegt die Verantwortung einer Nachfolgeplanung nunmal auch darin, unzählige Jobs sicherzustellen.

Wie kann Nachfolgeplanung hier Kosten und Risiken minimieren

Es gibt Studien, die die Kosten einer Nachbesetzung auf bis zu 130.000 Euro schätzen. Neben den Kosten durch eine Neubesetzung fallen zusätzlich aber auch nicht-monetäre Faktoren wie der interne Verlust von Wissen und Erfahrungswerten an.

Außerdem beobachten wir immer wieder, wie die Aufgaben der Personen, die das Unternehmen verlassen, an ihre Kolleginnen übergehen. Das führt in der Folge schnell zu Überlastung, Frustration und natürlich Produktivitätseinbußen bei den verbleibenden Mitarbeitenden.

Der Schlüssel, um solche Risiken und Kosten zu minimieren: proaktives Handeln. Denn eine Nachfolgeplanung reduziert nicht nur das Risiko von Fehlbesetzungen, sondern liefert dank dynamischen Anforderungsprofilen auch frühzeitig einen Überblick darüber: Welche Fähigkeiten haben wir im Unternehmen, welche wandern in der Zukunft ab und wie müssen wir nachbesetzen.

Das kann auch, oder vor allem, durch die Förderung von der bestehenden Belegschaft passieren. Stichwort: “Promote from within”. Heißt in anderen Worten, Mitarbeiter werden aktiv für den internen Aufstieg in höhere Positionen gefördert. Und zwar dank klarer Anforderungsprofile auch ganz gezielt. Das wiederum hat einen positiven Einfluss auf die Bindung und Motivation der Mitarbeitenden.

Kurz gesagt, reduziert agile Nachfolgeplanung die Kosten und Risiken der Personaleinsatzplanung dadurch:

  • dass die Abwanderung von Mitarbeitenden nicht mehr eine ungewisse Variable ist.
  • dass für verschiedene Positionen im Unternehmen klare Anforderungsprofile existieren.
  • dass bestehende sowie fehlende Qualifikationen im Unternehmen bekannt sind und entsprechend gehandelt werden kann.

Identifikation von Schlüsselpositionen stellen

Der Identifikation von Schlüsselpositionen im Unternehmen sollte immer eine umfängliche strategische Analyse vorausgehen. Dabei dreht sich alles darum, wie das Unternehmen aktuell dasteht und welche zukünftigen Herausforderungen bevorstehen. Also eigentlich ein klassischer Soll/ Ist Vergleich.

Die top 4 Fragen, die aber immer ausschlaggebend sind, um Schlüsselpositionen zu identifizieren:

  • Welche Positionen sind entscheidend für die - Wertschöpfung / das Produkt?
  • Welche Positionen sind schwer zu besetzen und welche braucht es in Zukunft vielleicht auch nicht mehr?
  • Welche zukünftigen Herausforderungen gibt es?
  • Wie riskant ist es, eine gewisse Position unbesetzt zu lassen?

Häufiger Fehler bei der Nachfolgeplanung

Grundsätzlich gilt: Nachfolgeplanung sollte man so früh wie möglich angehen. Optimal sind 3 bis 5 Jahre im Vorhinein, gerade bei geschäftsführenden Positionen. Da dies natürlich nicht immer möglich ist, sollten zumindest 1,5 Jahre anvisiert werden.

Ein weiterer Fehler, der schnell problematisch werden kann und nicht selten zu Fehlbesetzungen führt: Viele Unternehmen konzentrieren sich bei der Nachfolge auf Einzelpersonen. Wenn zum Beispiel die Nachbesetzung einer geschäftsführenden Person mit nur einem Kandidaten geplant wird, reicht das schlichtweg nicht. Denn dieser Kandidat könnte, trotz mündlicher Zusage, jederzeit seine Meinung ändern.

Oder private Umstände und Ereignisse verhindern die geplante Nachbesetzung. Es kann viele Gründe geben, wieso eine Nachfolge nicht wie geplant stattfinden kann. Ein Lösungsansatz: Stattdessen ein Talentpool angelegen, um einen potentiellen Ausfall der eigentlichen Nachfolgeperson auffangen zu können.

Des Weiteren liegt, auch im Mittelstand, der Fokus viel zu selten auf Soft Skills. Diese Fähigkeiten werden nach wie vor extrem unterschätzt. Oft richtet sich eine Einschätzung darüber, ob ein Mitarbeitender für die Nachfolge einer Position im Unternehmen in Frage kommt, vor allem nach der Länge der Unternehmenszugehörigkeit.

Dabei gehen allerdings Qualifikationen rund um das Thema der Soft Skills unter, die jedoch essenziell zur Kompetenz einer Führungskraft beitragen.

Eine gute Veranschaulichung dieser Thematik bietet das Peter-Prinzip. Danach werden Menschen in vielen Fällen aufgrund ihrer fachlichen Kompetenzen (Hard Skills) befördert, wobei aber gerade in höheren Positionen die Soft Skills entscheidend sind.

Heißt per Definition: Menschen werden in einer Hierarchie so lange befördert, bis sie die Stufe ihrer Inkompetenz erreichen. Und in diesem Zusammenhang gelangen Menschen eben deshalb an die Grenze ihrer Kompetenzen, weil Ihnen die eigentlich notwendigen Soft Skills in der jeweiligen Führungsposition fehlen.

People Analytics, um Nachfolge frühzeitig zu identifizieren

Jede gute Nachfolgeplanung beinhaltet den Bereich People Analytics. Dabei dreht sich alles darum, die Skills der Mitarbeitenden - sowohl Soft als auch Hard Skills - festzuhalten, zu messen und zu analysieren.

So wird Wissen kontinuierlich gespeichert und kann skaliert werden. Denn wenn man diese Kennzahlen beobachtet, können Potentiale erkannt und ausgeschöpft aber auch Schwachstellen ausfindig gemacht werden, die zuvor versteckt geblieben sind. Damit dann in der Folge fundierte Handlungsempfehlungen abgeleitet werden können.

Die Realität sieht allerdings so aus, dass viele HR Abteilungen sich mit dem Thema nicht ausreichend befassen. Denn: Die Einführung eines neuen Tools ist im ersten Schritt immer mit viel Aufwand verbunden. Man muss die Anbieter im Markt ausfindig machen, Budgetfreigaben bekommen, vergleichen, entscheiden. Und dann steht noch die Implementierung und Nutzung aus.

Wenn das Thema aber erstmal sitzt, verschafft es Kapazitäten und Einblicke, um Strategien und Pläne zu erarbeiten und daraus klare Entscheidungen abzuleiten. Heißt also - zurecht - dass People Analytics vielleicht nicht unbedingt das beliebteste Thema ist, aber es unfassbar aufschlussreiche Einblicke in das Unternehmen ermöglicht. Einblicke, welche sonst kaum zu bekommen sind.

Konkrete Handlungsempfehlungen für die Nachfolgeplanung

Nachfolgeplanung ist keine strategische Option mehr, sondern vielmehr eine Notwendigkeit. Mit einer aktiven und agilen Nachfolgeplanung wird nicht nur die Wettbewerbsstärke erhöht, sondern auch ein für einen kontinuierlichen Wissenstransfer gesorgt.

Zudem wird das Unternehmen auch als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen, da es vorausschauend agiert und auf Krisen besser reagieren kann. Eine strukturierte Herangehensweise und Unternehmensführung zieht Talente somit nicht nur an, sondern bindet sie auch an das Unternehmen.

Darüber hinaus sorgt eine gesunde Transparenz zu Themen der Nachfolgeplanung im Unternehmen für Vertrauen und Sicherheit unter den Angestellten. Für eine erfolgreiche Nachfolgeplanung gibt Marie folgende konkrete Handlungsempfehlungen:

  • Frühzeitig starten und Nachfolgethemen nicht vor sich "herschieben"
  • Mehrere Talentpools für verschiedene Schlüsslepostitionen aufbauen
  • Die richtigen Tools einsetzen, um ein gutes Fundament zu legen
  • Eine Unternehmenskultur etablieren, die lebenslanges Lernen unterstützt

Die ganze Folge “von HR für HR” zum Thema: Nachfolgeplanung im Mittelstand

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